Reiseberichte



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Es ist soweit! Hiermit ich schreibe euch von meinen Abenteuern mit Marco, Muffti und dem blauen Bus auf der Reise überland von der Schweiz nach Indien im Herbst 2007... und auch von den 2 Mädels, Anika und Clara, den beiden jungen Mitfahrerinnen aus Deutschland.

Am Donnerstag, dem 20. September sind Marco und ich aus Untervaz in der Schweiz, Graubünden losgedüst, besser gesagt wollten wir solches tun, denn erstmal ging die Ab – und Weiterreise unter etlichen Hindernissen vonstatten, wie ich euch gleich berichten werde. Schuld daran konnte nur Ganesh, die Statue des mild lächelnden Elefantengottes aus Indien sein, der bei Marco im Bus ein neues Zuhause gefunden hat und der für alle Anfänge unentbehrlich ist (vor allem beim Anfang einer Reise in sein Heimatland geht). Wir hatten ihm nämlich keine Räucherstäbchen dargebracht woraufhin Ganesh, leicht sauer ob einer solchen Missachtung seiner göttlichen Herrlichkeit, uns postwendend bestrafte…

Schon bei der Ausfahrt aus der Kiesgrube Unterfaz, dem bisherigen Standplatz vom Busmobil, ging es nicht so recht voran, es fährt sich einfach nicht so gut mit einem platten Reifen! Das hätte uns eine Warnung sein sollen, aber arglos lösten wir das Problem, denn schliesslich war Markus, Marcos Freund (und praktischerweise versierter Automechaniker und selber Overlandexperte) ja noch zur Stelle und der wiederum kannte die Profireifengarage um die Ecke…da war der Reifen raz faz runter und das kaputte Ventil so schnell repariert, wie wir den 500 Liter Wassertank auffüllen konnten. Beim anschliessenden Wiegen brachte unser Gefährt beeindruckende 14 Tonnen und 360kg auf die Waage (Laut Marco soll ich fuer 1,5 Tonnen verantwortlich sein, nein nicht an Lebendgewicht, sondern an Mitbringseln für mein Restaurant und Haus in Goa),

Immerhin waren wir jetzt schon über 100 Meter weit gefahren, dachten wir uns nix böses und machten uns leichtfertig auf den Weg, um die beiden Mitfahrerinnen aus Deutschland, Anika und Clara, vom Bahnhof in Landquart abzuholen. Etwas übernächtigt vom vorherigen Durchfeiern der Nacht mit ihren Freunden, aber glücklich und voller Vorfreude auf die Reise stiegen die beiden in den Bus und weiter ging's Richtung Davos. Es war ein strahlender, wenn auch schon recht kalter Sonnentag, die Blätter zeigten sich in den ersten bunten Herbstfarben und wir sind bester Laune. Die Strecke geht jetzt hoch in die Berge, um über den Flülapass nach Samnaun zu gelangen. Weil man den Ort nur über Österreich erreichen kann, ist Samnaun ist eine kleine Steueroase der Schweiz, und das Benzin dort sehr billig was sich lohnt sich bei 700 Liter tanken! Doch aus der Überquerung des ersten Passes wurde erst mal nix.

Schweiz 2007        Schweiz 2007

Während wir drei Nichtschweizer unter Ahh und Ohh Ausrufen die Bergwelt bewundern, konzentriert Marco sich auf die inzwischen recht steile und kurvenreiche Strasse… bis na ja bis der Motor plötzlich in einer sehr kurvigen Kurve nur noch komische Stottergeräusche ertönen lässt um dann gänzlich seinen Geist aufzugeben. Was tun?! Erst mal kräftig auf schweizerdeutsch fluchen, was den Motor aber nicht weiter beeindruckte. Also flucht Marco ebenfalls unbeeindruckt weiter und probiert mehrmals unser Monstrum wieder anzuschmeissen, während ich schon mal aussteige und den Verkehr umleite. Schliesslich hilft nichts als den Bus unter Winken und warnen rückwärts den Berg wieder runterzurollen, das einzige wozu er sich noch bewegen lässt. Gottseiddank ist schon nach 3 Kehren ein ziemlich grosser Rastplatz zur Hand, wo unser Gefährt sanft draufrollt und lautlos fest stehen bleibt.

Nach etlichen Telefonaten mit dem Chefmechankier Markus in Unterfaz, einer Motor- und Getriebeuntersuchung kommt das ziemlich peinliche Resultat: Der Diesel ist alle! Tja leider hatte Marco sich beim Losfahren verschätzt und es war viel weniger Diesel im Tank, als üblicherweise beim Abfahren aus der Schweiz, und der letzte Rest rutschte offensichtlich beim Berg hochfahren in den hinteren Tank und war damit für den Motor nicht mehr erreichbar.
Während Marco zähneknirschend mit jeweils einem hübschen armeegrünen 20 Liter Benzinkanister in jeder Hand von einem freundlichen Schweizer nach Davos zur nächsten Tankstelle mitgenommen wurde, genossen wir drei Frauen erst mal einen Spaziergang im Schnee, atmeten tief die frische kühle Bergluft, die Freiheit und Abenteuer verhieß und versorgten uns auch schon Mal mit einem kleinen Vorrat Heidelbeeren und Preiselbeeren, man kann ja nie wissen!
Mit dem Taxi kam dann Marco bald wieder zurück und 40 Liter Diesel wanderten in den Tank, worauf der Motor nach ein paar Mal pumpen auch anstandslos losgurrte, ein wunderbares Geräusch! Auf ging's zu neuen Abenteuern. Samnaun erreichten wir durch die unerwartete Tankpause erst im letzten Abendlicht. Alle Tankstellen waren schon geschlossen und wir sowieso nach diesem abenteuerlichen Tag hundemüde. Es war eine ziemlich kalte Nacht, die wir nach einer gemeinsamen Pasta alle im Bus verbrachten. Die Sterne funkelten so, wie man sich das in den Bergen erwartet und in 2 Decken gekuschelt meinen weißen Atem nachschauend wurde mir mal wieder glasklar, warum ich so gerne den Winter in Goa verbringe...
Am Morgen schlug Ganesh ob unseres wiederholten „Nichträucherstäbchenanzündens“ wieder voll zu: Der Bus gab die schon vertrauten Stottertöne von sich und sprang nicht an!

Nach erneuten kraftvollem Schweizer Morgenflüchen und vergeblichen Pumpversuchen war es klar: die läppischen 40 Liter Diesel von Davos waren restlos alle und so trabten Marco und ich als Frühgymnastik sozusagen mit jeweils einem Kanister in der Hand zur Tankstelle, die diesmal immerhin schon in Sichtweite wie eine Oase in der Morgensonne funkelte.

Danach erneut das schon vertraute Fluchen, Pumpen und Motorgurren und auf ging's zur rettenden Tankstelle…praktisch waren wir jetzt schon Leertanksoundexperten.

Schweiz 2007        Schweiz 2007

Nach knapp einer Stunde waren 700 Liter Diesel im Tank und in allen verfügbaren Kanistern verstaut, und obwohl Ganesh doch hätte wissen müssen, dass man an einer Tankstelle nun wirklich kein Räucherstäbchen anmachen soll, konnte er sich eine weiter Demonstration seiner Überlegenheit nicht verkneifen. Während ich noch die letzte Schweizer Schokolade, Obstler und Landjäger einkaufen ging, brachte es Marco fertig, die eben erst benutzte Zapfsäule umzufahren... peinlich :-)

Schweiz 2007

Natürlich machte er das nicht absichtlich, sondern es kam so:

Die Hydraulik vom Bus blockiert die Bremsen wenn sie noch nicht voll aufgepumpt ist und der Bus steht mit sozusagen angezogenen Bremsen, na ja aber nur so lange bis er halt aufgepumpt ist. Dann deblokieren die Bremsen und da ist es blöd wenn man vergessen hat, vorher die Handbremse zu ziehen... Na ja, gehen wir nicht weiter ein auf dieses schwarze Kapitel in Marcos Busfahrerkarriere. Wichtig ist nur, dass es bei modernen Zapfsäulen inzwischen eine Mechanismus gibt, der sofort die Benzinzufuhr stoppt, wenn so was passiert, weswegen wir alle noch am Leben sind und die Tankstelle nicht in die Luft geflogen ist. Das ist doch nett und der Weiterführung des Reiseberichts ausgesprochen dienlich.

Weitere wertvolle 2 Stunden gingen nun ins Land, um die Versicherungsfrage zu regeln, was aber zwischen 2 Schweizern jetzt nicht allzu schwierig ist. Die Zapfsäule wurde zum Star des Tages und ausgiebig von allen Seiten fotografiert und in Cellophan eingewickelt bevor wir ENDLICH wieder aufbrechen konnten.
Spätestens jetzt hätte ich das Räucherstäbchen Opfer bringen sollen, aber ich war zu verwirrt, um zwei und zwei zusammenzuzählen. Deshalb mussten noch ein paar kleine Dinge passieren... Aber keine Angst, alle anderen Tankstellen stehen noch! Nachdem der Reschenpass obwohl gestern noch offen, heute gesperrt war (Yogini Räucherstäbchen!) ging es über eine nicht so spektakuläre Ausweichstrecke Richtung Italien.

Italien 2007

Mir sind vor allem die Apfelbäume Südtirols im Gedächtnis geblieben. Rot, grün und gelb leuchteten sie uns entgegen und man wundert sich, wie so viele Äpfel an einem kleinen Baum wachsen können. Da kann mein Papa im Saarland nur von träumen!

Nachmittags erreichten wir Trento und verbrachten einen sehr angenehmen Abend mit unseren Freunden Claudio und Franca, die wir aus Goa kennen. Nachdem sie uns mit Pasta alla ricotta und Bresaola wieder gestärkt hatten besichtigten wir Trento. Die Stadt ist überraschend schön und weist beeindruckende Bauwerke auf, sehr empfehlenswert für einen Kurzurlaub. Nach solchen Anstrengungen tut eine göttliche Pizza Wunder und ich kann nur sagen: Gott segne alle Italiener, den Erfindern von Pizza, Pasta und Cappuccino. Was kann da noch daneben gehen?!
Am nächsten Tag ging es weiter nach Florenz, eine Stadt die an Kunstschätzen kaum zu überbieten ist und Marco schaffte es immer der Nase entlang, genau hinter dem Hauptbahnhof mitten in der Stadt zu parken, Busfahrerinstinkt!

Italien 2007        Italien 2007        Italien 2007

Italien 2007

Italien ist auf dieser immerhin 14'000 km langen Reise nur eine Art Absprungsland, das Marco ziemlich schnell und ohne viel Anhalten durchfährt, um bald in Brindisi auf die Fähre nach Griechenland zu gelangen. Nachdem bei Rom die 1'000-km-Marke über-schritten war, ging es denn auch in einem Rutsch durch über Neapel bis kurz vor Bari.

Italien 2007        Italien 2007        Italien 2007

Italien 2007

Wir wollten auf einer Autobahnraststätte essen und übernachten und das wurde zwei Mitgliedern unserer Reisegruppe, weil sich noch immer keiner um Ganesh bemüht hatte, alsbald zum Verhängnis. Es war nämlich eine Neubauraststätte, auf der noch Bauschutt und tiefe Löcher die Parkplatzanlage übersäten. Kaum durfte Muffti zur Pinkelpause aus dem Bus, prügelte er sich sogleich mit 2 süditalienischen Straßenhunden und zog sich dabei im Bauschutt eine tiefe Schnittwunde an der Vorderpfote zu während Anika und Clara die glorreiche Idee hatten, im Dunkeln auf der Baustelle Fußball zu spielen... Seither humpelt Anika mit einer Verstauchung am Fuß durch die Gegend, wenn sie nicht grade Heilerde auf die Wunde am Knie macht und Muffti lässt sich tapfer mit Propolis die Wunde desinfizieren bevor ein dicker Verband drauf kommt und ein totales Hundeprügelverbot einzuhalten ist.
Beim Verteilen der Medizin (habe ich erwähnt dass Clara heftige Bauchschmerzen hat und erkältet ist?) wurde mir plötzlich klar, dass ich als Einzige in dieser Kette von Unglücken noch verschont geblieben bin und das wollte ich auch so halten. Am nächsten Morgen wurde Ganesh, der Bus und zur Sicherheit alle Mitfahrer und Muffti reichlich eingeräuchert. Seither läuft alles glatt. Uff!!

Nach einem Megaeinkauf von über 100 kg Pasta, Prosciutto, Mozarella und italienischen Kaffee (allein meine Rechnung war über 30 cm lang) im letzten Supermarkt auf italienischem Boden verpackten wir 1 Stunde lang wieder alles in den unendlich scheinenden Stauräumen des Busses und ab ging's auf die Fähre in Brindisi.

Italien 2007        Italien 2007

Im Land der Griechen

Wir fuhren am späten Nachmittag des 24.9. von Brindisi aus ab und Marco und ich gönnten uns die erste Moussaka im eleganten Speisesaal der Fähre, gingen duschen und schliefen friedlich in unserem Bus ein. Als ich aus den Duschen kam hörte ich Klopfzeichen an der Tür nebenan. Es klang, als wollte jemand raus, aber die Tür ließ sich nicht öffnen. Daraufhin ging ich zu einem Matrosen, der mir dann in gebrochenem Italienisch klarmachte, dass die Tür schön zubleiben muss, denn da sind die Illegalen dahinter, die sie nach Griechenland schmuggeln. „Passaporto no! Police no good. Aha! Dann lassen wir sie also drin... Gegen 2 Uhr morgens erreicht man in Igoumenitsia zum ersten Mal die Küste Griechenlands, aber weil keine von uns je in Athen war, fuhren wir weiterhin auf dem Schiff bis wir in Patras ankamen, was auf dem Peleponnes liegt und näher an Athen. Bisher sind wir 1500 km gefahren.

Griechenland 2007        Griechenland 2007

Der Himmel ist strahlend blau und wir können der Versuchung nicht widerstehen und machen gleich den ersten Badestop am menschenleeren Strand von Akratas. Das Wasser ist ganz schön kalt, aber wir sind am Meer! Erfrischt geht's weiter zur ersten Sehenswürdigkeit auf dem Weg: der Kanal von Korinth.

Schon die alten Griechen dachten sich, dass es doch sicher eine schöne Sache sei, das Ionische mit dem Korinthischen Meer zu verbinden und fingen auch mehrmals an zu buddeln. Aber man war sich doch nicht ganz sicher, was dann passieren würde. Könnte es nicht sein, dass ein Meer, weil höher gelegen als das andere vollkommen leer laufen würde und das andere überschwappen und das Land überschwemmen würde? So nahm man immer wieder Abstand von diesem wagemutigen Vorhaben und der Kanal wurde erst, nachdem der Suezkanal erfolgreich fertig gestellt worden war und nichts dergleichen passierte, im 19. Jahrhundert gegraben.

Griechenland 2007

Nachmittags erreichen wir nach wunderschöner Fahrt auf der ziemlich kurvigen Küstenstrasse den Campingplatz von Athen. Er liegt etwas am Rande der Metropole und man kann mit einem Bus vor der „Haustür“ direkt in die Stadt rein fahren.

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Athen ist ein bisschen wie Indien und Europa gemischt, hier und da alter Charme zwischen viel neuem Beton, antike Säulen, die irgendwo Rumliegen aber keiner hat einen Plan was damit tun. Ganze Stadtteile sind seit den Olympischen Spielen komplett von Chinesen, Pakistanern oder Afrikanern übernommen worden, sehr zum Leidwesen der Griechen, die auch sehr darauf bestehen, dass sie die wahren Herren der Stadt seien, weil waschechte Helenen sind, und das ist schließlich nicht irgendein Volk!

Das Pflichtprogramm besteht natürlich aus dem Anschauen der Akropolis, wo man sich zwischen Reisegruppen aus aller Herren Länder durchschlängeln darf, um dann eine zum Grossteil mit Baugerüsten zugestellte Säulenhalle aus ziemlicher Ferne zu bewundern. (Übrigens ist alle Gerüste menschenleer und niemand scheint besondere Lust zum arbeiten zu haben.)

Griechenland 2007        Griechenland 2007        

Fast beeindruckender ist dann der Blick runter auf das neue Athen, ein schier endlos scheinendes Häusermeer aus Beton mit wenigen Grünflächen dazwischen; ich bin dankbar nicht im Juli hier sein zu müssen.

Griechenland 2007

Am 2. Tag schauen Marco und ich uns das erste Olympische Stadion an und einen schicken Stadtteil Athens. Dort essen wir in einer sehr urigen Kneipe göttlich im Keller zu Mittag. Überhaupt scheinen die Griechen gutes Essen ebenso zu lieben, wie wir zwei Fressmäuler - von daher gibt es auf dieser Ebene keinerlei Verständigungsprobleme, auch wenn ich ansonsten zur Abwechslung mal nicht mit meinen Sprachkenntnissen glänzen kann. Bisher habe ich nur "Kalimera" gelernt was „guten Morgen“ bedeutet, aber immerhin.

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Morgen soll's weitergehen in Richtung Türkei (falls in unserer Abwesenheit nix mit dem Bus passiert ist oder Muffti über seine sehr schicke Socke an der Vorderpfote gestolpert ist...), dazwischen ist noch ein kleiner Kurzurlaub von 2 Tagen an einem einsamen Strand geplant.
Bisher genieße ich die Fahrt sehr. Marco ist außerhalb von Tankstellen ein sehr umsichtiger und kompetenter Fahrer. Ich fühle mich gar nicht so müde, wie man das manchmal auf langen Reisen über viele Orte kennt. Vielleicht rührt das daher, dass ich jede Nacht in meinem Bett schlafe, es steht halt nur auf einem anderen Platz als am Abend zuvor, aber das merkt man ja nicht, wenn die Vorhänge zu sind.

Griechenland 2007

Der 2-tägige Kurzurlaub am Strand in der Nähe von Olymbias fiel doch etwas anders aus, als wir uns das erwartet hatten.

Griechenland 2007

Statt uns wohlig und duftend eingeölt in der Sonne zu räkeln, befanden wir uns in einer Art Strandolympiade in dem Steine Schleppen, Sand wegbuddeln, Betonplatten zerkleinern, Bretter tragen und Wagen- bzw. Bushochheben die Hauptdisziplinen waren. Zwischendurch durften die völlig überhitzten und dreckigen Athleten auch ab und zu ins glasklare Meer springen, um sich dann umso eifriger den Wettkämpfen wieder zu zuwenden. Das Endziel hiss: Der Bus muss raus aus dem Sandloch am Strand! Ich weiß, dass wir siegen werden, aber der Weg dahin war lang und hart und dauerte doch 3 Tage an.

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Schuld an dieser Misere ist nicht nur Marco, der dem Strand einfach vertraute, sondern auch meine eigene Fahrlässigkeit. Ich hatte die ganze Zeit die große Ganesh Statue aus Stein auf dem hinteren Regalbrett im Schlafzimmer übersehen und nur der vorderen aus Holz Räucherstäbchen dargebracht! Böser Fehler, denn der Steinganesh ist eindeutig dicker und deshalb sicher auch mächtiger als der kleine aus Holz.
Nachdem wir Frauen jetzt erfolgreich den Grundkurs: „Wie kriege ich einen 15 Tonnen schweren Bus wieder aus einem Sandloch raus“ am ersten Tag erfolgreich bestanden hatten (und selbiger sich immerhin mindestens 2 Meter weit fortbewegte), haben wir nun auch den Schein für Kurs 2 („Wie baue ich eine Seitenbefestigung“) und 3 („Auch die Vorderräder sind wichtig beim Rausfahren!“) in der Tasche.

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Außerdem ist der Bus doch schon mindestens 5 Meter näher am ach so gut aussehenden in 15 Metern vor uns liegenden festen Grund!)
Steine von weniger als 50cm Durchmesser drückt so ein Monstrum von Bus einfach weg, um nur mal ein kleines Beispiel meines neuen Wissens zu geben und ohne Seitenbefestigung rutscht auch die schönste Strasse einfach in den Graben. Mein Beruf als Mosaikbildnerin kommt mir auch auf etwas unerwartete Weise zugute, denn wir haben praktisch den Grundstein zu einer neuen „Via Appia“ bzw. „Greca“ gelegt, nicht schlecht!

Griechenland 2007

Man muss Marco zugute halten, dass er immer freundlich lächelt, keine Schweizer Flüche von sich gibt und uns regelmäßig zum Baden schickt, meiner Ansicht nach vor allem weil er Angst hat, dass mein Papa ihm die Leviten lesen wird, wenn er von diesem Malheur erfährt...
Nachdem wir heute mit Hilfe eines „ewigen Strandhippies“, der mit noch flottem Fahrzeug neben uns kampiert, ein paar Holzbalken von Bootsbauern aus dem Ort organisieren konnten (diese waren richtig nett und so wie ich mir Griechen immer vorgestellt habe), stehen die Chancen nicht schlecht, dass wir morgen tatsächlich wieder aufbrechen können. Diesmal garantiert mit beiden Ganesh Statuen voll geräuchert und beblümt und mit freier Sicht auf die vor uns liegende Strasse.

Griechenland 2007

Aber gut, erst mal zurück zum Strand… Wie ihr euch erinnert, steckten wir da seit Ende September (hört sich doch gut an..) im Sand fest. An dieser Stelle möchte ich noch erwähnen, dass Marco nicht leichtfertig mal eben so an den Sand gefahren ist. Nein, vielmehr hält er jedes Jahr bei der Hin- und Rückfahrt der Indienreise an diesem Strand und an der gleichen Stelle, nur war da diesmal ein Sandloch.
So hat Marco auch mal wieder was dazugelernt: vertraue nie einem Strand vom letzten Jahr!

Heute war also der absolute alles entscheidende Tag X. Wird es unsere inzwischen im Straßenbau recht erfahrene Crew aus dem tückischen Sandloch schaffen?!
Ja, sie tat es, aber mit Schweiß, Tränen und ausgiebig Sonnenmilch auf unserer inzwischen recht hübsch gebräunten Haut! (sieht genau so aus, als wären wir in Ferien gewesen!)
Mir tun meine Hände und mein Rücken weh und ich spüre Muskeln, die sicherlich nicht mehr seit den Achtziger Jahren bewegt wurden. Marco verdient den absoluten Preis für Hartnäckigkeit und Ausdauer. Unermüdlich war er mal vorne mal hinten unter dem Bus, hob ihn mit Hilfe dreier Wagenheber an allen möglichen Stellen hoch, schob geschickt und mit Hilfe einer Brechstange erst kleine Hölzer, dann große Balken und schließlich Betonplatten unter die Räder.

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Er aß nicht mehr, ernährte sich nur von Aldi Apfelsaft und machte keine Pause von morgens bis abends, bewundernswert! Entweder ist er wirklich so oder er hatte ein megaschlechtes Gewissen, auf alle Fälle ist es zum großen Teil ihm zu verdanken, dass wir wieder flott sind.
Insgesamt hat uns diese Erfahrung als Team zusammen geschweißt, denn jeder hat seinen Beitrag geleistet. Anika hat uns herrlich bekocht, denn sie konnte ja wegen ihres verstauchten Fußes nicht gut Steine schleppen.
Clara hingegen hat mir einige sehr intelligente Tricks zum Thema Betonplatten beigebracht, auf die ich selber nicht gekommen wäre und die ihr euch auch für die Zukunft merken solltet: man kann die sperrigen Dinger z. B. so an den Ecken abhacken, dass sie fast rund sind und dann wie ein Rad rollen oder man kann sie in ein großes Handtuch legen und dann einfacher und ohne sich die Hände aufzureißen zwischen sich tragen (Training in der Waldorf Schule!)
Meiner Wenigkeit ist es zu verdanken, dass ich mit Hilfe von Andresch, unserem Strand-nachbar, die dicken Planken bei den ortsansässigen Bootsbauern organisieren konnte, über die wir heute dann 3 Stunden Zentimeter für Zentimeter langsam aus unserem Waterloo fahren konnten.

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Der einzig wirklich Unglückliche der letzten Tage war Muffti, Marcos' Hund. Er konnte es einfach nicht fassen, dass wir die ganze Zeit am Meer stehen, und keiner spielt mit ihm sein Lieblingsspiel: Bälle aus den Wellen fischen! Er stand stundenlang am Ufer wie eine Marmorstatue und schaute mit sehnsüchtigen Blicken zu uns hoch, bis sich Einer erbarmte und zumindest ein paar Steine ins Nass warf, die er mit großer Begeisterung schwanzwedelnd aber erfolglos wieder rauszufischen versuchte.

So jetzt werde ich mich in die Falle hauen und diese Nacht todmüde, aber glücklich einschlafen, wie richtige Bauarbeiter das halt so machen!

Griechenland 2007

Yippie, wir sind frei und bewegen uns wieder auf richtigen und vor allem geteerten Strassen! Schon lange nicht mehr sind mir diese Erfindungen der Neuzeit so schön vorgekommen mit ihren glatten, harten Oberflächen, ihrer tiefe Schwärze und den wunderbaren Seitenbefestigungen…. ach, ich könnte mich glatt in eine Strasse verlieben!

Diesen Tag verbringen wir entspannt im Bus mit viel Fahren Richtung Grenze. Irgendwann halten wir nocheinmal an, um noch ein letztes Mal dem Kaufrausch in einem LIDL Supermarkt zu erliegen, bevor wir am späten Nachmittag bei Makri kurz vor Alexandropolis, in sicherer Entfernung vom Strand parken. Noch einmal Schwimmen und entspannen, bevor wir morgen früh die Grenze zur Türkei in Angriff nehmen.

Türkei

Kurz vor der türkischen Grenze tankt Marco den Bus noch mal voll, denn der Diesel kostet in der Türkei ca. unglaubliche 1.50 €! Die Grenzformalitäten sind in mehr oder weniger 2 Stunden abgewickelt, denn sowohl der Bus als auch das Motorrad müssen im Pass eingetragen werden. An der Grenze trifft Marco unglaublicherweise auf den Parkwächter seines früheren Campingplatzes in Istanbul, der ihm erklärt, wo die Lastwagenfahrer jetzt in Istanbul parken, seitdem selbiger Camping einer Gokart-Bahn Platz machen musste.

Auf dem weg nach Istanbul machten wir gleich Bekanntschaft mit den ersten Türken und genehmigten uns ein Mittagessen am Straßenrand. Dort kauften wir auch leckere Trauben, Gemüse und andere Leckereien.

Türkei 2007        Türkei 2007

Wir wähnten uns glücklich als wir uns durch den Straßendschungel von Istanbul bis zu der Adresse des Parkplatzes durch gekämpft hatten, aber wie sich herausstellte war dieser Riesenlastwagen-Camping idyllisch gelegen zwischen zwei stark befahrenen Autobahnen und der Abflugschneise des internationalen Flughafens. Es war ein echtes Erlebnis für uns drei Frauen, in diese Männerwelt einzutauchen. Alles um uns herum war schmutzig, laut und riesig und der sonst recht groß anmutende blaue Bus sah aus, wie ein Kindergefährt zwischen den uns umgebenden Lastzügen.

Türkei 2007

Komischerweise habe ich ausgerechnet in dieser Nacht wunderbar durchgeschlafen denn schließlich konnten wir am Vorabend noch warm duschen und unsere Wäsche in eine Waschmaschine und Trockner werfen, was will Frau mehr um glücklich zu sein?!

Allerdings mussten wir die letzte Ladung Wäsche im Bus trocknen und fühlten uns nun so recht wie die Zigeuner.

Türkei 2007

Trotzdem weinten wir keine Träne, als uns am nächsten Tag Mehmet, mit dem ich seit Jahren befreundet bin, rettete. Er ist nicht nur Miteigentümer eines angesagten Nachtclubs in Istanbul, sondern organisiert auch Konzerte im Park Ornam, einem großen Park am nördlichen Ende der Stadt. Und in ebendiesem Stadtpark durften wir auf seine Fürsprache hin campieren – traumhaft still und unter duftenden Pinienbäumen, mit Swimmingpool, ausgedehnten Wanderwegen für Muffti und Toiletten und Duschen für uns.

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Türkei 2007

Allerdings war die Fahrt zu diesem am Stadtrand gelegenen Paradies recht abenteuerlich. In Istanbul leben über 15 Millionen Menschen und ich glaube mindestens die Hälfte davon besitzt ein Auto, und sicher ein Drittel von denen benutzte genau dieselben Strassen wie wir. In dem höllischen Verkehr verpassten wir prompt die Autobahnausfahrt zum Park und konnten einfach nicht mehr auf die Gegenfahrbahn gelangen. Dieser Umstand verhalf uns zu einer 60 Minuten dauernden Stadtrundfahrt, die uns letztendlich fast über sämtliche verfügbaren Istanbuler Autobahnen zu führen schien. Immer wenn wir abbiegen wollten, gab es keine ersichtliche Auffahrt zurück! Schließlich gelangten wir nach einer beeindruckenden Brückenfahrt über das Goldene Horn wieder an die uns schon bekannte Einflugschneise des Flughafens und dort wieder zurück an die Stelle, wo wir zuvor die Abfahrt verpasst hatten. (Obwohl ich nah dran war, habe ich nicht geweint und Marco hat mich auch (fast) nicht angemotzt, sondern auf die phantastische Aussicht auf die Altstadt hingewiesen…)

Da wir beide Istanbul schon zu anderen Zeitpunkten besucht hatten, schenkten wir uns die Hagia Sofia, Top Kapi und die Blaue Moschee und besuchten statt dessen am Abend meine Freundin Muge in Bebec. Danach gingen wir mit Memo durch die malerische und sehr belebte Altstadt in Taksim zu seinem Nachtclub „Babylon“. Dort ging dann die Post ab bei einem Konzert bei dem eine fetzige Zigeuner-Band, ein in der Schweiz lebender Super Perkussionist namens Burhan Öcal, und ein DJ aus Frankreich zusammen Musik machten, klasse!

Am nächsten Tag haben mieteten wir uns ganz luxuriös ein Boot und liessen uns damit bei schönstem Sonnenschein den Bosporus runter (oder war's rauf?) schippern, bewunderten erst die riesigen weißen Quallen im Hafenbecken, dann die Bosporusbrücke und die herrlichen alten Häuser auf der orientalischen Seite und stiegen schließlich an dem „Rumeli Fort“ aus.

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Nach dessen Besichtigung (zu empfehlen nur für Leute die keine Höhenangst haben) wanderten wir stundenlang auf der Promenade am Wasser entlang, genossen die Sonne, die Menschen der Stadt und die sonntägliche Atmosphäre.

Türkei 2007

Es ist übrigens grade Ramadan, der Monat, in dem alle Moslems von Sonnenaufgang bis zum Sonnenuntergang fasten. Das hat zur Folge, dass gegen 18.30 Uhr Massen von Leuten nur noch eines im Sinn haben: Essen!!!

Die Strassen sind schlagartig verstopft, weil alle ganz dringend heim an den reich gedeckten Tisch müssen und jedes Restaurant ist brechend voll. Bei Mac Donalds stehen die Menschen Schlange bis auf die Strasse, als wäre grad eine Hungersnot im Anzug. Wohlhabende Muslims lassen ganze Heerscharen von Armen in speziell aufgebauten Zeltküchen mit der abendlichen Mahlzeit versorgen.

Am folgenden Tag mussten wir zur unserem Leidwesen den erholsamen Park verlassen. Auch diesmal konnten wir die richtige Autobahnausfahrt nicht finden. Doch diesmal ließen wir uns nicht aus der Ruhe bringen und geübt in Stadtrundfahrten ging es nach nur 40 Minuten über die Bosporusbrücke zur Stadt hinaus. Wir sparten uns eine Menge Kilometer von der Weiterfahrt indem wir eine Fähre von Eskinar nach Topkular nahmen und konnten dann irgendwo vor Mundanya noch mal am Strand campieren.

Türkei 2007

Die Fahrt führt über Izmir (leckere Oliven am Straßenrand) nach Bursa, das berühmt ist für seine Marron Glacé nach Ephesos (Feigen, Oliven und Gemüse am Straßenrand).

Ephesos ist wirklich eine wunderbare Ruinenstadt, die noch so gut erhalten bzw. wiederaufgebaut ist, dass man sich tatsächlich etwas vom Leben zur Zeit des Apostels Paulus vorstellen kann (übrigens nicht grade mein Lieblingsapostel und ich erfuhr hier mit Genugtuung, dass die Leute von Ephesos ihn nach etwas über 2 Jahren aus ihrer Stadt raus geschmissen hatten, weil er mit seinen Predigten von Jesus den einheimischen Arthemis-Kult empfindlich störte). Im Amphitheater hielt eine deutsche Reiseführerin grade einen Vortrag und obwohl ich hoch oben in den hintersten Reihen saß, verstand man jedes Wort auch ohne Mikrophon, eine gigantische Leistung der antiken Baukunst!

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Wenn man ein paar Sprachen kann wie ich, braucht man in Ephesos keinen Reiseführer. Alle paar Meter steht nämlich eine Reisegruppe herum und so kann man viele interessante Sachen über die Vergangenheit erfahren. So z. B. dass hier ein Abbild der Göttin „Nike“ rumsteht, von dem die große Sportfirma nicht nur den Namen sondern auch das Logo geklaut hat.

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Nach erfolgreicher Ruinenbegehung einmal hoch und wieder runter, fahren wir 15 Minuten zu einem nahe gelegen Strand, baden im Sonnenuntergang und schlafen von Göttern träumend ein.

Wir sind nun in Pamukale, das ist der Ort, den man oft auf Postern für die Türkei sieht. Es gibt dort kalziumhaltige warme Quellen, die sich über die Hänge in riesige natürliche Swimming Pools ergießen und dabei das weiße Kalzium ablagern. Deshalb heißt der Ort Pamukale, was „Baumwollschloss“ bedeutet, denn genauso kommt es einem vor wenn man an den weißen knubbeligen Kalzium-Wänden dieses natürlichen Denkmals steht.

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Erst mal aber muss man vom weit entfernten Parkplatz aus die Ruinenstadt Hierapolis durchwandern und kann dort die zuhauf herumstehenden Sarkophage der Vorfahren bewundern welche hierher zum kurieren ihrer Leiden gekommen sind, es aber dann doch nicht überlebt haben.

Türkei 2007         Türkei 2007

Danach ist ein Bad im ca. 35 Grad Celsius warmen Quellwasser keine schlechte Idee. An diesem Ort trafen wir auf ganze Busladungen voll russischer Touristen, die anscheinend die Türkei zu ihrem neuesten Lieblingsurlaubsland erklärt haben. Auch eine Filmcrew aus Bollywood drehte grade mit ihren Stars eine Tanzszene begleitet von viel Musik in einem der verführerisch türkisblau leuchtenden Wasserbecken.

Türkei 2007

Heute Abend werden wir in Olympos am Meer sein, das ist ein Strand in der Nähe von Antalya und uns dort noch mal ausgiebig in Bikinis in der Sonne wälzen bevor die Kopftuchzudeckzeit des Iran beginnt.

Olympos ist traumhaft und obwohl etwas ab vom Schuss und nur auf kurvigen immer kleiner werdenden Strassen zu erreichen, den Abstecher wert. Auch hier gibt es eine Ruinenstadt zu erkunden, aber im Gegensatz zu dem sehr touristischen Ephesos ist man hier noch fast alleine und vor allem früh morgens stört einen keine Menschenseele beim Erforschen der im dichten Wald versteckten zerfallenen Gebäude.

Türkei 2007

Die Atmosphäre im Ort ist fast so wie in Goa, ein bisschen hippiemässig und natürlich. Marcos türkische Freundin Pelim entführte uns zu einem hinreißenden Mahl in ihr Lieblingsrestaurant. Auf dieser Fahrt steht eines fest: Ich werde sicherlich nicht abnehmen!

Weiter geht die Fahrt durch eine schöne, bewaldete hüglige Landschaft Richtung Göreme in Kapadokien. Auf dem Weg dorthin halten wir noch in einer alten Karavanserei an, wo wir uns ein Bild davon machen können, wie in den Zeiten der Seidenstrasse eine Autobahnraststätte für Kamele mal funktioniert hat.

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Türkei 2007
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Die nächste Etappe wird dann ausgesprochen spannend und ich kann am Ende nur sagen:
Hurra ich lebe und bin nicht vom Felsen gestürzt! Welch glücklicher Tag für mich und auch für euch (denn sonst gäbe jetzt nix mehr zu lesen, oder?!)
Also jetzt noch mal der Reihe nach, aber andersrum... Noch vor wenigen Stunden klebte ich verzweifelt an einem recht sandigen und unter meinen Füßchen abbröckelnden rosa Felsen, der mehr oder weniger wie eine Rutschbahn steil in einem Miniaturkamin nach unten ging.

Türkei 2007

Der Weg über mir, ebenfalls sandig und abbröckelnd war auch nicht gerade viel versprechend, denn schließlich war ich soeben praktisch halb auf meinem Hosenboden und halb Lara Croft Sprünge machend auf ihm nach unten gerutscht.

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Und wie kam ich in diese missliche Lage??? Naja, man soll halt einen bergbegeisterten Schweizer...

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...und eine sich selbst überschätzende abenteuerlustige Deutsche...

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...die irgendwie immer noch felsenfest (wie passend!) davon überzeugt ist, sie sei irgendwo um die 23 (und nicht über 40), gemeinsam in ein felsiges Tal schicken. Sie werden voller Enthusiasmus über die herrliche Landschaft vom Weg abkommen, sich in viel versprechend aussehenden Schluchten verlaufen...

Türkei 2007

...und letztendlich garantiert den absolut schwierigsten Weg wählen, um aus selbigen Schluchten wieder herauszukommen. Wie wir zwei Spezialisten eben.

Und wo ist dieses wunderbare felsige Tal, werdet ihr ungeduldigen Leser wissen wollen?

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Dieses Tal ist in der Mitte der Türkei in Kapadokien an einem magischen Ort: Görremé.

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Hätte ich diesen Ort nicht höchstpersönlich auf dieser Erde gesehen, würde ich, wenn man mir ein Photo davon zeigte, annehmen, dass sich dieser Platz sicherlich auf einem Nachbarplaneten befindet, der entweder von Schlümpfen oder einem Volk von Penisanbetern bewohnt wird.

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Diese Gegend ist nämlich aus einer Art weichem vulkanischem Gestein entstanden, das durch Verwitterung und Winde in riesige Schlumpfmützen (oder halt Penisse, wer's lieber mag) aus Stein verwandelt wurde.

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Andere "passende" Teile gibt es übrigens auch…

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Das allein sieht ja schon atemberaubend genug aus, aber damit einem auch garantiert die Kinnlade runter fällt beim Besuch von Kapadokien, haben die guten alten Urahnen unserer höchst erfindungsreichen Rasse diese steinigen Türme zusätzlich noch mit Hammer und Meißel bearbeitet und sie zu Wohnungen, Kirchen, Geschäften oder gar ganzen Klöstern umgehämmert.

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Ich bin mir sicher, dass die Wohnungsmakler von ehemals teure Lofts für Neureiche und Künstler anzubieten hatten und besonders hübsche Wohntürme mit Kinderzimmer und Südterrasse für die antike Kleinfamilie, aber steht natürlich wieder in keinem Reiseführer…

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Nachdem diese Städte aber schon vor vielen hundert Jahren entstanden und wieder verlassen wurde, hatten die Kräfte der Natur reichlich Zeit mit Wind und Wetter fleißig an den Bauwerken aus Fels herum zu knabbern, weshalb manche Wohnung nun eine recht offene Belüftung hat. Praktisch sind ganze Außenwände irgendwann mal runter gekracht und man sieht jetzt sozusagen direkt in die gute Stube.

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Diese ständige Verwitterung macht den Stein ja auch so interessant zum Klettern, denn es kann ganz leicht mal passieren, dass das Stück auf dem man grade rumklettert einem sozusagen unterm Fuß verwittert, und man wird sich schlagartig seiner eigenen Verwitterungsfähigkeit bewusst.

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Im selbigen Moment wird es einem auch plötzlich klar, dass heute einfach kein guter Tag ist, um sich ein Bein zu brechen oder in kleinen Stückchen unten am Berg anzukommen! (auf der positiven Seite sollte vermerkt werden, dass man so man innerhalb von Sekunden jede Menge über sich selber lernt und Erfahrungen macht, für die man in einem Managertraining sicher ein paar Tausender hätte hinblättern müssen!)

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Meine grandiose Reaktion auf diese tiefen Erkenntnisse war einfach unschlagbar genial und extrem hilfreich: Ich bin wie Scarlett in „Vom Winde verweht“ schluchzend in Tränen ausgebrochen und wollte (oder konnte so bildete ich mir ein) keinen Schritt mehr tun!

In solchen Fällen ist es nun wiederum ausgesprochen hilfreich, einen großen, starken und bergerfahrenen Schweizer bei sich zu haben. (Mädels, ich kann euch nur raten beim Klettern immer einen im Gepäck zu haben…)

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Irgendwie hat Marco es geschafft mich heulendes Bündel mit beruhigenden Worten und kräftigen Armen halb hochzuziehen, halb rüber zu schubsen zum rettenden festen Boden. Hilfreich war auch, dass ich Dank der Tränen in meinen Augen den Abgrund nicht mehr so gut erkennen wie vorher... und trotz ausgiebigem Zetern und Zähneklappern waren wir irgendwann wieder auf sicherem grasbewachsenen Grund.
Während der ganzen Aktion lief Muffti schwanzwedelnd und glücklich bellend um uns rum; endlich mal ein richtiger Hunde-Tag mit geilen Felsen und wunderbaren Abhängen zum rauf- und runter laufen!

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Zur Feier des glücklichen Ausgangs unseres Abenteuers haben wir ein göttliches Mittagessen genossen, welches meinen schlotternden Beinchen wieder zu Kraft und Stärke verholfen hat. Der Bus ist ja brechend voll mit Köstlichkeiten aus allen Ländern und so gab es folgende Leckereien: Deutsche Bratwürstchen und Essiggurken serviert mit süßem Senf aus München garniert mit Preiselbeer Sauce aus der Schweiz, Artischockenherzen und Prosciutto aus Italien, Tzatziki und Oliven aus Griechenland, Dolmas (in Weinblätter eingewickelter Reis) aus der Türkei und eine süße saftige rote Tomate aus Görremé. Ach das Leben kann so schön sein!

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Morgen werden wir uns eine unterirdische Stadt, die angeblich 5 Etagen tief reicht, anschauen (ich werde zur Sicherheit ein Kletterseil, Taschenlampe, Essvorräte und Verbandszeug mitnehmen) und danach an heißen Quellen baden (ob ich es wohl schaffen werde mich nicht zu verbrennen oder zu ertrinken???)
Ich freue mich ganz besonders aufs Baden, denn die letzte warme Dusche habe ich in Istanbul genossen und ich glaube, damals war noch September oder so... Vielleicht lockt sich dann auch mein blondes Haar wieder, was aber eh demnächst nicht mehr wichtig sein wird, denn wir bewegen uns in Riesenschritten auf den Iran zu und da sind Locken ja nicht mehr angesagt.

Heute habe ich in einem Geschäft ein türkisches Kopftuch anprobiert, aber es sah so kotzig aus an mir, dass ich mich nicht überwinden konnte, es zu kaufen, obwohl die Verkäuferin vor Begeisterung in die Hände klatschte (oder war sie nur so entzückt drüber, wie phantastisch schlecht mir das Ding stand?)
So meine Lieben hiermit verlasse ich euch wieder bis zum nächsten Abenteuer und/oder Internet Cafe. Manchmal kommt es mir so vor, als ob wir nur deshalb so viel erleben auf dieser Fahrt, weil dann die E-Mails an euch interessanter werden...wer will schon lesen, dass wir gestern ohne Zwischenfälle 530 km von Antalya nach Görremé gefahren sind, wäre doch todlangweilig! Also werde ich weiterhin in eurem Namen die Welt erforschen, in unbekannte Schluchten vorstoßen und halsbrecherische Wanderungen unternehmen.

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Also wir haben die unterirdische Stadt glücklich durchschritten und erforscht, aber natürlich wieder mal anders, als einem das am Eingang vorgeschrieben wird (aus der Serie: Individualisten unter sich) Dort stand nämlich angeschrieben, dass man den roten Pfeilen folgen soll beim Hinabsteigen und den blauen beim Rausgehen. Weil aber grade eine langsame und ziemlich große Reisegruppe vor uns rein ging und die Gänge blockierte, entschieden wir uns kurzerhand den blauen Pfeilen umgekehrt zu folgen und so ein bisschen Ruhe im unterirdischen Reich der Vorfahren zu genießen.

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Soweit so gut, bis man ungefähr in der Mitte des Rundweges und auf eben wieder selbige Reisegruppe trifft. Auch nicht weiter schlimm denkt sich der Höhlenforscher und wartet das Vorbeiwandern der Gruppe geduldig und gut versteckt in der unterirdischen Großküche ab.

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Was der Höhlenforscher allerdings nicht weiß ist, dass der Ausgang dieser Küche ein süßer schnuckeliger gewundener Pfad ist, durch den man nur gebückt gehen kann (die Vorfahren hatten wohl keine Lust hohe Gänge auszuhauen oder waren nur 1.20 m groß) und dass man in ebendiesem nur 50 cm breiten Gang auf die nächste Reisegruppe - diesmal Japaner - trifft, die runter will. Peinlich!

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Gott sei Dank gab's grade noch rechtzeitig eine kleine Seitenkammer in die wir uns reinquetschten und in der uns der ziemlich überraschte Reiseführer energisch anschnauzte, dass so etwas nun echt nicht erlaubt sei in der Türkei!

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Von nun an waren wir auf der Hut und huschten wie die Heinzelmännchen tief gebückt und arglos ein Liedchen trällernd zwischen den verdutzen Reisegruppen, die beim Abstieg waren, nach oben ans rettende Tageslicht.
Schon irre diese Stadt. Die Luft ist exzellent und es gibt Wohnräume, Weinkeller (praktisch, wie kühl die schon sind) Großküchen, Kirchen alles was eine Stadt von 3000 Einwohnern so braucht, nur absolut nicht empfehlenswert für Klaustrophobiker!

Ich weiß nicht was ich selber am wenigsten liebe, die Enge der unterirdischen Stadt oder hilflos am luftigen Felsen kleben...

Als Belohnung für unseren Wagemut brachte uns Marco nach kurzer Fahrt zu einem wunderbaren Campingplatz, der mitten in der Pampa an einer Stelle liegt, wo eine natürliche heiße Quelle entspringt. Diese Quelle hatte der Großvater der dort lebenden Familie entdeckt und gefasst und sein Enkel hat ein Schwimmbecken mit einem offenen und gedeckten Teil drum herum gebaut. Anscheinend hat er sich jedoch beim Bau überarbeitet, denn obwohl Marco ihn im Frühjahr noch getroffen hatte, war er in der Zwischenzeit gestorben.
Wir haben uns in seinem Andenken dankbar stundenlang im warmen Wasser geaalt und am nächsten Morgen schon vor dem Frühstück unsere Thermalbad Kur fortgesetzt. Meine Haare sind wieder glänzend vom zweimaligen waschen, die gesamte Bettwäsche und unsere stinkenden Socken duften wieder frisch und rein und sogar der Abwasch wurde mit heißem Thermalwasser getätigt, très chique!

Über Kayseri führt die Fahrt durch schier endlos scheinende ziemlich leere Landschaften mit abgeernteten Weizenfeldern auf denen hier und da Schafherden grasen bewacht von Schäfern in Anzügen und dicken Schnurrbärten.

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Dann wieder karge Berglandschaften, die aber in ihren feinen Herbstfarben schön anzuschauen sind; und es IST Herbst. Den ganzen Tag regnet es mal mehr mal weniger und da der Bus keine Heizung hat – schließlich geht es ja 'gen Süden! - werden alle verfügbaren Decken ausgekramt und Muffti darf sich auf meinen Schoss kuscheln. So ist er glücklich und genieße die angenehme Wärme meiner überdimensionalen Wärmflasche.

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Die Strasse steigt an und wir überqueren hohe (und noch kältere) Pässe. In den Tälern der Berge schimmern kleine Ortschaften umringt von grünen Bäumen und mit dem glitzernden Türmen der Moschee in der Mitte, wie smaragdfarbene Juwele im wogenden gelb braun ihrer Umgebung.

Nachts entdecken wir wider Erwarten einen Campingplatz kurz vor Erzegan, essen und fallen nach diesem langen Reisetag bald ins Bett. Es schläft sich gut beim prasselnden Gewitterregen und in unsere kuscheligen Daunendecken gehüllt.

Am Morgen sind die Gipfel der umliegenden 3000 m hohen Berge verschneit. Vor uns liegt eine pechschwarze Wolkenwand, doch hinter uns glänzt die Morgensonne und taucht die Herbstlandschaft in ein fast surrealistisch goldenes Licht.

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In den Hängen der Vorgebirge haben sich Wolken verfangen und scheinen noch nicht recht zu wissen ob sie sich auflösen oder ausregnen sollen. Und hinter ihnen erheben sich majestätisch die großen Berge, behäbig, wie dunkelverschleierte dicke Großmütter mit ihren schneebedeckten Gipfeln, deren weiße Haarpracht alles überstrahlt.

Wir sind im wilden Kurdistan!

Manchmal wird das Tal enger, es ist grade noch Platz für die Strasse, den Fluss und die Eisenbahn. Die Berge rücken uns drohend und schwarz näher, sehen aus wie riesige Schlackehalden mit grünen, orangefarbenen, gelben und roten Tupfern aus Herbstlaub. Es sieht aus als hätte Gott einen Impressionisten beauftragt, ihr langweiliges grau neu zu bemalen.

Hier entdecken wir die mir persönlich unheimlich anmutenden Riesenkohlköpfe, die anscheinend speziell zur raschen Sättigung enormer Großfamilien in Kurdistan gezüchtet werden.

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Inzwischen sieht man immer öfter Militärpolizei entlang der Strasse. Mal liegen sie versteckt in Tarnanzügen zwischen Felsen am Straßenrand mal blockieren sie ganz offen Seitenstrassen in abgelegene Täler mit ihren Jeeps. Das gesamte Gebiet erscheint immer menschenleerer und die wenigen Häuser werden ärmlicher.

Am Nachmittag erreichen wir den Grenzort Dogubayazit und parken unterhalb einer imposanten Festung, die sich halb Trutzburg halb einladend elegant über uns und dem Ort erhebt.

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Im Ort kaufe ich mir noch ein ganz sicheres Haarversteckteil für den Iran mit doppeltem Kopftuch, damit auch nichts verrutschen kann, jetzt fühle ich mich sicher.

Iran

Der Übergang an der türkisch iranischen Grenze war beidseitig ganz unproblematisch. Nachdem wir am Morgen noch den vollkommen wolkenlosen und schneebedeckten Berg Arrarath (ja, der wo Moses mit seiner Arche gelandet war) bewundern konnten,

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wurden wir von den Türken freundlichst verabschiedet und dann, nachdem wir uns gebührend vermummt hatten, wurden wir herzlich und noch freundlicher von den Iranern in Empfang genommen.

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Der  Bus wurde eingehend bestaunt, aber nachdem Muffti schwanzwedelnd ob des hohen Besuches an der Tür erschien, wurde von einer weiteren Besichtigung Abstand genommen. Ein spezieller touristischer Helfer nahm uns in Empfang und wir Frauen konnten in seinem Büro warten, bis unser Marco alle Formalitäten erledigt hatte. Sofort lernt man als westliche Frau die Vorteile eines Männerregimes zu schätzen.

Das Geld ist ziemlich wenig wert und für 100 Euros erhält man ein riiiiesiges Paket Scheine, über eine Million! Wir fühlten uns damit schon ziemlich reich, aber der Knaller kam der an der Tankstelle: Marco zahlte für 150 Liter Diesel, na ratet mal, sage und schreibe die phantastische Summe von 2 Euro!
Am nächsten Tag wurde es noch besser, denn an einem Ort kurz nach der Grenze machte Marco den jährlichen fälligen Ölwechsel bei seinem iranischen Automechaniker.

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Für 20l Öl, 2 Dieselfilter, 1 Ölfilter, 4 Liter Kühlflüssigkeit, 2 leere Kanister für Diesel, 380 Liter Diesel, Motor schmieren und über 3 Stunden Arbeit zahlte er mal eben 60 Euro! Das Grinsen auf Marcos Gesicht wollte einfach nicht verschwinden und ich verstand auf einmal schlagartig, warum er mir vorher immer gesagt hatte: „Im Iran macht das Autofahren am meisten Spaß“.

Außerdem sind auch die Strassen sehr gut ausgebaut, oft 4 oder gar sechsspurig und ohne Holperlöcher.

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Mit dem Diesel ist es allerdings eine recht seltsame Sache, denn obwohl sehr billig, ist er gleichzeitig an manchen Orten auch rationiert. Es besteht nämlich langsam ein akuter Bedarf an gut funktionierenden Raffinerien habe ich mal gelesen. Öl gibt es in Mengen, aber wenig technisches Know How. Dieses besitzen die Amerikaner und Briten, beide haben ein Embargo über den Iran verhängt und sind außerdem extrem unbeliebt. Also tankt Marco wo es geht. Mal gibt es 50 Liter hier mal 60 Liter dort. Immer da, wo Lastwagen Schlange stehen gibt es Diesel und wo der Tankschlauch am Boden liegt, ist er schon alle.

Nach einer Nacht ganz allein in der weiten Pampa

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ging unsere Fahrt vom Automechanikerort weiter Richtung Tabriz, eine graue eintönig aussehende Stadt, die wir auch nur umfuhren. Danach folgten wir einem Flusslauf durch ein wunderbares Tal zwischen Bostanabhad und Myahne, in dem viele Apfelbäume wuchsen und auf dem satten grün unter den Bäumen weideten bilderbuchmäßig schwarz- weiß gefleckte fette Kühe. Auch hier ist es Herbst und die Äpfel sind reif und werden kistenweise am Straßenrand verkauft, die mal goldgelb mal knallig uns entgegenleuchten. So habe ich mir den Iran jetzt echt nicht vorgestellt.

Wir übernachteten in diesem Tal auf dem komplett leeren Parkplatz eines kleinen Restaurants am Straßenrand. In der Nacht wurde ich dann trotz Ohrstöpsel mehrmals wach, denn der Parkplatz war anscheinend bei LKW Fahrern sehr beliebt und irgendwann am frühen Morgen waren wir komplett eingeparkt von riesigen Sattelschleppern und Lastwagen; aber bis wir am nächsten Tag unseren Kaffee getrunken hatten waren alle wieder weg als hätte ich es nur geträumt.

Wir wollten eigentlich in ein angeblich wunderschönes Dorf in den Bergen, namens Masuleh. Aber als wir nach dem Weg fragten versicherte man uns, dass die Strasse "very very very bad" sei, also wirklich ganz ganz ganz schlecht, woraufhin wir beschlossen unsere Route zu ändern und uns statt dessen das Mausoleum in Sultanye anzuschauen, was auf dem Weg nach Teheran liegt.

Es ist das erste antike Gebäude, das wir im Iran besichtigten und stellt sich gleich als die größte aus Backsteinen erbaute Kuppel der Welt heraus!

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Die Anfahrt dahin mutete mich recht seltsam an, denn diese Megakuppel steht in einem Miniaturort. In der flachen Landschaft sieht man sie schon von weitem während man drauf zufährt und vermeint sich in eine Landschaft zu begeben, wie man sie aus Stichen unseres eigenen Mittelalters kennt, wo der Dom einer Stadt das wirklich allerhöchste und damit herausragende Gebäude war, umgeben von ein paar kleinen Häusern.
Dieses Mausoleum war sehr schön verziert, sowohl mit Mosaiken aus Fliessen, als auch mit Gemälden. Vor allem aber glänzt es mit Backsteinverzierungen in allen Variationen als hätte man den Goldberg der Maurerzunft an dieses Werk gelassen.

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Danach machten wir uns auf, das berühmte Schloss der Assasinen zu besuchen, einer Splittergruppe innerhalb einer Schiitischen Sekte, die im Mittelalter große Berühmtheit durch Selbstmordattentate auf hohe Persönlichkeiten erlangte. Wie man sieht, gab es auch das schon lange vor unserer Zeit auf dieser Welt.
Aber auch der Weg dahin führte uns schnell auf eine sehr sehr steil ansteigende Strasse des Alborz-Gebirges.

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Obwohl die Strecke zur Festung nur 80 km lang ist, waren wir bis vor Sonnenuntergang weniger als ein Drittel vorangekommen. Wir krochen die meiste Zeit mit nur 20 km/Std die engen Kurven hoch (von den Abgründen neben den Kurven will ich nicht reden!) und beschlossen schließlich, diese Strecke allen Motorrad fahrenden Freunden sehr ans Herz zu legen und schlugen unser Nachtlager in einer der malerischsten Kurven, die wir finden konnten, auf.

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Der höchste Berg des sehr ausgedehnten Alborz-Gebirges ist über 5600 Meter hoch. Zu dieser Jahreszeit sahen wir fast nur abgegraste gelbe Stoppelwiesen oder bräunliche Steinhalden.

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Im Winter soll es aber mindestens 3 Monate lang Schnee geben und dementsprechend wird es gerne als Skigebiet genutzt (mit getrennten Sesselliften, habe ich mir sagen lassen).

Also um es gleich vorweg zu sagen: ich bin genervt!
Genervt von diesem ewigen Kopftuch auf meinem Kopf, von der Sorge darum ob es auch nicht verrutscht ist und ob auch ja niemand (heißt: kein fremder Mann) einen Blick auf ein Zipfelchen von meinem Schwanenhals erhaschen kann und ob der Mantel auch züchtig meine schrecklich unzüchtigen, obwohl eh schon behosten, Hüften bedeckt...

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Am meisten aber - und das gebe ich hiermit offiziell zu - nervt es, immer den Kopf zu bedecken. Es ist nämlich warm in diesem Land, meine Haare werden langsam platt und schmiegen sich wohlig verschwitzt unter ihrem Deckchen an meine leicht erwärmten Gehirnzellen. Gott sei Dank ist kein Sommer. In dem Fall würde ich garantiert schreiend zum nächsten Flughafen rennen und mir ein Ticket in eine andere kopftuchlose Welt kaufen.
Das Tuch muss man tatsächlich überall da tragen, wo einen ein Mann sehen könnte und das bedeutet, dass außer in Restaurants wo Frau in voller Montur das Steak zerlegen darf, vor allem im Auto. Dort sind die Iranerinnen betucht und bemantelt. Natürlich gilt das für unseren Bus erst recht wo wir praktisch wie im Schaufenster sitzend durch die Landschaft kurven. Dadurch wird es so gemein, denn das bedeutet in unserem Fall praktisch non Stopp das Kopftuch tragen, obwohl wir ja eigentlich daheim sind, außer nachts, wenn wir die Vorhänge zuziehen und uns in die Frauengemächer begeben.

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So nachdem ich jetzt meinem Frust offiziell Luft verschafft habe, können wir normal weitermachen mit dem Reisebericht:

Liebe Fangemeinde, glückliche kopftuchlose Frauen im Rest der Welt,

seit heute Mittag habe die Copilotenprüfung für Marcos Bus bestanden und den Bus fehlerfrei an den “Holy Shrine” der Millionenstadt Teheran gelenkt. Da steht der Bus nun auf dem riiiesigen Parkplatz am riiiesigen Heiligen Grab des ehrwürdigen Ayatholla Khomeini, ja eben der, den wir damals ungläubig im Fernsehen haben gegen unserer heile westliche Welt wettern sehen! Während wir mit der modernen klimatisierten Metro in der Stadt gefahren sind, wird Muffti dort für uns die glücksbringenden Gebete verrichten und den Bus mit unserem Hab und Gut heldenhaft verteidigen.

Die Teheraner sind allerdings um etliches lockerer drauf als das, was wir bisher gesehen haben. Die Frauen tragen das Kopftuch so, dass man sehr wohl ihr Haar sehen kann und auch schon nackte Füße mit lackierten Nägeln sind mir begegnet. Ich muss sagen, dass ich nach anfänglicher Scheu auch schon mehrmals mit Männern geredet habe und bin immer sehr freundlich und höflich behandelt worden, so wie ich das eigentlich von Iranern im Westen gewöhnt bin.
In der U-Bahn lernte ich gleich eine iranische Studentin kennen, die mit uns im gemischten Männerabteil saß, obwohl sie ohne männliche Begleitung war. Ansonsten sind für Frauen nämlich die hinteren Waggons vorgesehen. Übrigens ist es ebenso in öffentlichen Bussen, wo die Frauen im hinteren Teil sitzen müssen.

Diese Studentin erzählte mir als erstes mal, wie sehr sie das Kopftuch hasst, aber dass man halt ins Gefängnis kommt, wenn man es nicht trägt. Sobald sich die Studenten jedoch privat zu Parties träfen wären die Dinger weg und es geht ab wie bei uns unter Studenten.

Sie und andere bestätigten mir was ich im Reiseführer gelesen hatte, dass nämlich inzwischen 2/3 der Bevölkerung unter 25 Jahre alt sind, und eigentlich keinen Bock haben auf all dieses lästige Zeug, was einem die Imame vorschreiben wollen. Mal sehen wo das hinführt.
Übrigens waren wir eben auch grade in der "Modestrasse" von Teheran und die Kleider für Frauen, die da in den Schaufenstern stehen, würde man bei uns auf einen Sylvesterball oder in die Opernpremiere anziehen. Alles Glitzer, Gold, tief ausgeschnitten oder extra kurz überm Knie aber mit Schleppe... kaum zu glauben!


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Wir werden morgen und vielleicht auch noch übermorgen in Teheran bleiben, denn unsere Mitfahrerinnen müssen sich ein Visum für Pakistan besorgen, und dafür sowohl auf die Deutsche, als auch pakistanische Botschaft. Ich drücke ihnen die Daumen. Das Wochenende ist in der moslemischen Welt nämlich von Donnerstagmittag bis Samstagabend und erst am Sonntag machen die Botschaften wieder auf.

Und wieder sitze ich im gleichen Internet Cafe wie gestern, aber jetzt schon viel besser gekleidet. Nachdem ich fast erstickt bin am gestrigen Nachmittag, und das obwohl es herbstlich kühl ist in Teheran, klingelten bei mir die Alarmglocken hinsichtlich der Weiterreise gen Süden und durch die Wüste, sprich dahin wo's wirklich heiss sein wird. Stracks schleppte ich Marco zurück in die Shoppingmeile der verwegenen Damenkleider, denn da gab es auch gleich die passenden Verdeckstücke dazu. Man versicherte mir hoch und heilig, dass ein leichtes blaues Baumwollkopftuch vollkommen OK sei und ein leichter (und immerhin fast durchsichtiger!)beigefarbiger Mantel ebenfalls akzeptabel. Jetzt sehe ich schon fast wieder gut aus, wie eine italienische Frau in den 50ern mit schickem Kopftuch und Sonnenbrille, und übrigens geschminkt bin ich auch und Khomeini ist nicht aus dem Grab gefallen.

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Am Abend musste ich doch noch eben beim Ayatholla am Grab vorbeischauen und mich bedankt hab für den schönen Parkplatz, an dem wir dank seiner übernachten konnten, die sauberen Toiletten, die gute U-Bahnverbindung zur Innenstadt und überhaupt. Ach ja, der Grabplatz ist schon ein irres Teil. Er liegt ganz im Süden der Stadt, da wo es wärmer ist und wo deshalb die Ärmeren wohnen, die Khomeini auch an die Macht geholfen haben. Der Alte Mullah wollte, dass man ihm nicht eine Moschee drüber setzen sollte, sondern eine Art Vergnügungspark, wo die Leute sich erholen könnten. So ist jetzt das Heiligtum ein Geschäft am anderen mit vielen Restaurants, in denen man unter anderem Pizza kaufen kann. Aber auch Kleider, Andenken und alles was das Herz begehrt.

Rundum gibt es wirklich Platz für tausende von Autos zum Parken und dazwischen sind kleine Wiesen mit Schatten spendenden Bäumen und Brunnen zum Geschirrspülen und Waschen. Es gibt riiiiesige Toilettenanlagen und alles ist blitzsauber. Die Iraner scheinen diesen Platz gern zum Campen zu benutzen, denn überall stehen hübsche bunte Campingzelte und Großfamilien picknicken auf den Wiesen oder auch gleich auf dem Bürgersteig.
Picknicks scheinen eh sehr beliebt zu sein, denn selbst auf den Grünstreifen neben der Autobahn, sah man öfters mal eine Familie beim trauten Zusammensein auf der karierten Decke.

Die meisten Frauen sind immer noch komplett in schwarz gehüllt und die die ganz sicher gehen wollen, haben über dem Kopftuch und der Hose mit Jacke einen Art schwarzen Überwurf, der wie ein riesiges schwarzes Leintuch um sie herumhängt und in dem sie dann ungefähr so aussehen wie verkohlte Kartoffeln auf der Wanderschaft... ihr seht ich bin voll begeistert von dieser Mode.

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Und was gibt's sonst noch..., Na ja Teheran ist riesig (50 km Durchmesser!) und wir haben nur den heutigen Tag, um uns Sachen anzugucken, da muss man ein paar Rosinen rauspicken und den Rest ein anderes Mal ansehen.

Hier aber schon mal ein paar Eindrücke vom Leben in der Metropole:

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Soeben waren wir im exzellenten Keramik und Glasmuseum, vor allem lohnenswert, weil das Gebäude wo es drin ist, über und über mit feinstem Stuckarbeiten in dezentem Grau-Blau-Weiss und mit eleganten Spiegelmosaiken verziert ist. Eine Wendeltreppe wie auf der Titanic führt nach oben und erhebt einen über die kleinen Sorgen des Alltags.

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Zu Stärkung haben wir uns im traditionellne Teehaus im Park eine angenehme Ruhepause gegönnt. Neben dem allgegenwärtigen Kebab gab es auch ein Auberginen-Mousse zur Stärkung. Wir saßen gemütlich ohne Schuhe und ohne Stühle auf bunten Teppichen, neben uns rauchten sowohl Männer als auch Frauen an Wasserpfeifen und wir fühlten uns sehr persisch. Nach einem Besuch auf dem ebenfalls riiiieesigen Bazar - wie könnte er auch anders sein - gingen wir erschöpft heim zum Ayatholla.

Die Mitfahrerinnen hatten keinen Erfolg für ihr Visum nach Pakistan. Seitdem vor wenigen Tagen ein Bombenanschlag auf Benazir Bhutto verübt worden war, gibt es ohne triftigen Grund keine Visa mehr! Das ist Pech.

Nachdem mir Teheran vor allem zu groß und zu laut und unübersichtlich war, ist nun Isfahan ein wahrer Genuss.

Dazu tragen vor allem zwei Dinge bei: Erstens stehen wir auf einem Campingplatz und das bedeutet warme Duschen, Wäschewaschen und Strom (Dinge, die ich auf dieser Reise sehr zu schätzen gelernt habe) und zweitens hat Marco in Isfahan einen persischen Freund, der uns aufs wunderbarste durch die Stadt führt. Gleich morgens besuchen wir Ali in seiner Druckerei mit Druckmaschinen aus Heidelberg, da hat er das Drucken auch gelernt und deshalb kann er auch sehr gut auf Deutsch mit uns reden. Sein Sohn studiert in Karlsruhe Facharzt. Ich schließe diesen sympathischen Menschen gleich ins Herz. Den ganzen Tag nimmt er uns unter seine Fittiche.

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Die Stadttour beginnt mit einem Besuch der Armenischen Kirche im Stadtviertel Jolfa, die in einem Mixstil aus katholisch und islamisch gebaut ist, heißt moscheeartiger Kuppelbau mit Kreuz auf der Spitze.

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Im Innern wird man fast erschlagen von der Lebendigkeit und Farbenpracht der Wandbemalung, vor allem aber weil Märtyrerszenen in allen Variationen abgebildet sind. Sehr anschaulich kann man lernen auf welche Art man am besten Menschen bei lebendigem Leib die Haut abzieht, welche Drahtgestelle man zum Rösten von Jungfrauen verwenden sollte oder wie viele Pfähle man ungefähr braucht, um 60 junge gut aussehende Männer aufzuspießen, ohne dass sie zu schnell sterben...ich hätte mich beim Anblick dieses Gruselkabinetts sicherlich gegen das Christentum entschieden!

Wirklich berühmt ist Isfahan aber für seine Brücken, die mit Bögen auf Bögen übereinander gestapelt den Fluss überspannen. Sie sind aus braunen Ziegeln gebaut und bald wandeln wir uns erholend über das Wasser, bewundern die Menschen um uns herum, die Baukunst, die Landschaft und uns selber.

Die ganze Stadt ist übrigens überraschend grün, fast alle Strassen mit Bäumen umsäumt und viele schön bepflanzte Parks mit Brunnen in der Mitte dienen der Erfrischung.

Weiter schlendern wir zum schönsten Platz von Isfahan, der in der Mitte der Altstadt liegt. Er ist mal wieder riiiesig (510 m x 164 m), denn er war ursprünglich zum Polospielen gedacht und gilt als einer der größten Plätze der Welt.

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Natürlich heißt er jetzt ganz profan “Imam Khomeini Platz”, genau so wie alle anderen großen Plätze im Iran und ebenso heißen alle großen Strassen natürlich “Imam Khomeini Strasse”.

Auch hier hat sich wieder die Zunft der Ziegel –Bogengang-Maurer austoben können und unter vielen Arkaden kuscheln sich kleine Geschäfte mit Handwerkern, die traditionelle Metallwaren anbieten oder Keramik.

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Das Schmuckstück aber ist die wunderschönste Moschee, die ich bisher gesehen habe. Die Masjed-e Eman Moschee ist so gewaltig und so funkelnd mit blauen und türkisfarbenen Keramikfliesen über und über geschmückt, dass jede Zelle in mir, überwältigt ob solcher Schönheit, nur danach lechzt sich auf den Boden zu werfen, sich gen Mekka zu verneigen und auszurufen: Allah ist groß und Mohammed ist sein Prophet!!

Stattdessen lasse ich meinen Tränen freien Lauf und bewundere still und staune.

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Danach tauchen wir ein in das geheimnisvolle Grün der Moschee der Könige, gleich nebenan. Weil niemand außer der Königsfamilie zum Gebet gerufen werden musste, gibt es keine Minarette und damit die königlichen Frauen nicht gesehen werden konnten auch keine Fenster. Nur von kleinen Öffnungen in der Kuppel erhellt schimmern die Fliesen in einem geheimnisvollen Licht als sei man unter Wasser.

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Am interessantesten ist aber die Hauptkuppel in die das Licht auf eine Weise einfällt, dass die Illusion eines Pfauenfeder-Schwanzes entsteht.

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Überhaupt möchte ich an dieser Stelle erwähnen dass Isfahan mich mit dem Iran und auch mit den Moslems versöhnt hat. Seiner Schönheit, Eleganz und Sanftheit kann man einfach nicht widerstehen.

Nach einem köstlichen Mittagessen in einem Restaurant von Ali's Freunden und köstlichen Pfirsichen und Trauben in Alis Druckerei, bewunderten wir noch die wackelnden Minarette etwas außerhalb von Shiraz, aber was das ist könnt ihr mal selber herausfinden!

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Gemeinsam mit Verena, die mit ihrem Mann Tom auch über Land Richtung Indien fährt und die wir auf dem Campingplatz kennen gelernt haben, geht's diesmal auf in die endlos scheinenden Gänge des Bazars. Die Bazare sind im Iran überdacht mit Gewölbegängen in denen es im Sommer schön kühl bleibt und winters redlich warm. Mir war's eher kühl und so hatte ich einen guten Grund mir eine schwarze Jacke zu kaufen und laufe nun schick wie ein Model durch die Gegend: Schwarze Hose, schwarze taillierte langärmelige Jacke bis fast zum Knie und schwarzer Schal mit Goldmuster, schwarze Sonnenbrille und DKNY- Handtasche - ich muss sagen, das hat was!

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Außerdem schaut Frau ganz in schwarz genauso aus wie alle anderen Frauen und ich verschwinde einfach in der Masse. Nur Marco sticht raus mit seiner Größe und seinen blonden Haaren und die Frauen scheuen sich nicht mit ihm zu flirten und ihm im Vorbeigehen schöne Augen zu machen. Klar, die sind Weltmeisterinnen darin ohne Worte und nur mit einem viel versprechenden Augenaufschlag alles was das Herz begehrt auszudrücken.

So herausgeputzt besichtigten wir die schlichtere Freitagsmoschee. Dafür laufen wir schier endlos durch die Gänge des Bazars und merken langsam dass dieser Bazar praktisch kilometerlang sein muss. Dafür werden wir letztendlich reichlich belohnt, die Freitagsmoschee ist ein Juwel! Ganz anders als die beiden Moscheen vom Vortag ist sie mit weniger Fliesen verziert (aber immer noch reichlich für unser Auge!) sondern fast komplett aus Ziegeln erbaut und wirkt durch die erdfarbenen Töne bodenständiger. Mein Eindruck ist: dies ist eine Moschee fürs Volk.

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Nach soviel Laufen und Kultur ist Stärkung vonnöten, die wir in einem sehr urigen Restaurant in einem der vielen Bazargänge finden. Dort essen die Marktarbeiter köstliches Fladenbrot. Man wickelt das Brot mit einem Klatsch gebratener Leber und einem Klatsch Hackfleisch, reichlich Basilikumblättern, Zwiebeln und Zitronensaft zusammen und überlässt sich dem wonnigen Gefühlen die darob die Geschmacksnerven überfluten. Zum Runterspühlen gibt es eine Art Yoghurtsprudel mit Minzeblättern. Wie immer essen wir natürlich in voller Montur, was uns aber inzwischen nicht mehr auffällt und sicherlich nicht hindert unser Mahl zu genießen, als wären wir auch zwei ausgehungerte Marktfrauen.

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Wir besuchen noch mal unseren Freund Ali, der schon mit mehr köstlichen Pfirsichen auf uns wartet und dann kommt ein Moment, von dem Marco mir schon lange vorgeschwärmt hat: wir gehen in seine Lieblingsbäckerei um die Ecke! Seine Augen leuchten ebenso wie die goldverzierten Vitrinen und ich habe schon lange nicht mehr so schöne Auslagen mit so viel verschiedenen süßen Sachen bewundern können. Neben mit Sahne gefüllten Brandteigteilchen, die sogleich den Weg in unsere Münder finden, versorgt sich Marco mit seinem Jahresvorrat an Gaz. Das ist eine Süßigkeit aus Zucker oder Honig, Eiweiß und verschiedenen Nüssen. Lecker!

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Nachdem wir uns von Ali verabschiedet haben fahren wir weiter nach Süden Richtung Shiraz. Nachmittags erreichen wir die Felsengräber der Könige von Persepolis mit wunderschönen Felsenreliefs. Man sieht sie schon von weitem von der Strasse aus und sie beeindrucken mich durch ihre enorme Größe. Gibt es denn nichts Kleines in diesem Land?

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Wie übernachten zu Füssen der Ruinen von Persepolis auf dem, wie könnte es anders sein, riiiesigen Parkplatz. Weil das Wochenende schon begonnen hat wird er ausgiebig von Männern dazu benutzt, um ihren Frauen Fahrstunden zu geben, was des Öfteren zu abenteuerlichem Gekurve um den Bus herum führt.

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Am Freitag besichtige ich wieder mal komplett schwarz herausgeputzt aber zusätzlich mit Regen- bzw. Sonnenschirm versehen die Ruinen von Persepolis. Elegant wie die damaligen Königinnen fühle ich mich, obwohl die mich wahrscheinlich ob meiner Schlichtheit ausgelacht hätten. Man muss sich nur mal vor Augen halten, dass die hunderte von Treppenstufen, die zum Palast führen nur 10 cm hoch sind, damit man auch elegant über sie schreiten konnte, mit dem Nachbarn parlierend und ohne zu stolpern, ach das waren Zeiten!

Man kann hier wirklich noch sehr viele gut erhaltene Teile sehen und sich eine Vorstellung der Größe und der Macht der Könige jener Zeit machen.

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Gemeinsam mit den Deutschen Tom und Verena erkunden wir Shiraz, eine Stadt die mir wirklich gut gefällt. Nicht mehr so verspielt und elegant wie Isfahan, dafür ein bisschen bunter. Denn hier gibt es schon mehr Menschen aus den Stammesgebieten, Frauen mit Tatoos im Gesicht, Männer mit asiatischen, fast mongolischen Gesichtern, farbenfrohe Kleider, interessantes Essen.

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Shiraz ist bekannt als die Stadt des Persischen Goethe, dem Dichter Hafiz und auch seines Kollegen Sadhi. Natürlich haben wir stilecht an seinem Grab - auf Deutsch- seine ziemlich verwegenen Gedichte über Wein, Weib und Gesang rezitiert, nur fehlte leider... der gute Shirazer Wein! Obwohl der Shiraz-Wein natürlich von hier stammt und ihm der Dichter anscheinend auch ordentlich frönte, gibt es seit dem guten Ayatholla keinen Tropfen mehr - der Iran ist alkoholfrei. So wird jedenfalls offiziell behauptet, nur wir haben noch ein paar Fläschchen aus Italien unterm Bett, psst aber nicht weitersagen!

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Die Iraner meinen weise zu diesem Thema: Unter dem Schah haben wir zu hause gebetet und draußen getrunken, jetzt beten wir draußen und trinken daheim.

Beim Reingehen in die Innenstadt entdecken wir eine Moschee, die der absolute Hammer ist: sie ist über und über komplett mit Spiegeln verziert und ich meine komplett! Nicht ein Fleckchen, nicht ein Nischchen ist unbespiegelt und das Licht der bunten Fenster in den Kuppeln schillert in allen Regenbogenfarben wider in den tausenden und abertausenden Facetten.

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Wir Frauen dürfen nur mit Tschador hinein, den wir uns problemlos am Eingang ausleihen können, es ist nämlich nur ein weißes Betttuch.

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Witzig ist, dass es in einer Moschee trotz der strengen Kleidervorschriften doch eher locker zugeht. Während wir staunend herumwandeln, sitzen Studentinnen am Boden, essen Snacks und studieren in ihren Büchern. Andere machen sich ausgiebig mit Schminke und Wimpernzange für den Nachmittag zurecht und wieder andere nützten die Kühle zu einem Mittagsschläfchen. Das geht auf den mit Teppich ausgelegten Böden anscheinend recht gut. Nur ein paar alte Männer beten. Die Frauen dürfen überall in der Moschee herumgehen, aber die Männer dürfen nicht in den Frauenteil. Sicher würden sie schockiert sein, wenn sie wüssten, was die Frauen im anderen Teil treiben!

Nach der Spiegelmoschee geht's weiter zur Vekil-Moschee inmitten des Vekil-Bazars, wo wir die Besonderheit von Shiraz bewundern: Fliesen mit Blumen drauf, die nicht stilisiert sind. Anscheinend war das in einer Religion, die Abbildungen jeder Art verbietet und wo man deshalb keine Götter- oder Heiligenbilder bewundern kann, schon recht wagemutig.

Beeindruckend sind auch die schön gedrehten Steinsäulen im Innern und die Treppe die zur Kanzel des Iman führt, denn obwohl sie viele Stufen hat, ist sie aus nur einem einzigen Stück Alabaster.

Nach soviel Kultur haben die Männer nun ordentlich Kohldampf und wir stärken uns in einem sehr hübschen Teehaus. Es gibt Shirazer Spezialitäten eine Art Fleisch- Gemüse- Bohnen Eintopf im Tontöpfchen. Man gießt die Brühe ab und ist sie separat mit klein geschnittenem Fladenbrot als Einlage. Den Rest zerstampft man im Tontopf, schmiert es aufs Brot und rollt das ganze mit zwiebeln, Basilikum und Zitronensaft auf: fertig ist die persische Tortilla. Zum Nachtisch empfiehlt der Küchenchef Spaghetti-Eis aus Reismehl mit erfrischenden Limonen. Nun kann's weitergehen zur riiiesigen Zitadelle in der Innenstadt mit ihrem schiefen Turm! Gott sei Dank wird es dunkel und wir nehmen erschöpft ein Taxi heim zu unseren Wohnmobilen auf dem Campingplatz.

Heute fahren wir stundenlang durch die Wüste die vor und um Yazd liegt. Ihr müsst euch aber keine ewigen Sanddünen vorstellen, sondern riiiesige ockerfarbene Ebenen mit platten Salzseen, die weißlich in der Ferne leuchten. Dann wieder endlose Steinfelder mit kratzbürstigen,  mickrigen Sträuchern, die der Sonne und dem Wind standhaft trotzen um dann plötzlich imposanten Felsen Platz machen, die sich in bizarren Formen aus dem Geröll erheben. Dann wieder geht die Landschaft in Berge über, die felsig und eintönig graubraun sind, unterbrochen von grünen Oasendörfern die mit dem satten Grün von Mandelbäumen und Granatapfelplantagen protzen.

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Am Abend campieren wir wild romantisch auf 2000 Meter Höhe an einem kleinen Bach mit Bäumen. Das Grillen mit anschließendem Lagerfeuer geht schnell einem Ende entgegen, denn es ist empfindlich kalt und wir ziehen es vor, uns unter unsere Daunendecken zu kuscheln.

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Dagegen ist es in Yazd wüstig warm, obwohl die Temperaturen immer noch wegen des nahenden Winters human sind.

Wir besichtigen wieder mal die obligatorische Freitagsmoschee, die mich mit ihrer eleganten Farb- und Materialkombination aus hellbeigen Ziegeln mit strahlend türkisfarbenen Fliesen fasziniert. Sieht toll aus!

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Weil mittags um 13.00 Uhr bis nachmittags um 16.00 Uhr alle Geschäfte schließen, schenken wir uns den ebenfalls obligatorischen Bazar und nützen statt dessen die Zeit, um gemütlich durch die ausgesprochen malerische Altstadt zu wandeln, die komplett aus Wegen zu bestehen scheint, die sich zwischen hohen Lehmmauern eng und verwinkelt endlos um irgendeine Ecke winden.

Hier entdecken wir ein echtes Yazder Stadthaus, das man im Originalzustand besichtigen kann und können uns eine Vorstellung des Lebens hinter den Mauern machen. Menschen hier waren recht erfinderisch um sich Kühle zu verschaffen, und bauten neben schönen Innenhöfen mit großzügigen Wasserbecken auch die berühmten Windtürme. Das sind Türme mit Schlitzen, die am Haus dran gebaut sind und jedes Brischen das in höheren Gefilden wehen sollte einfangen und ins Haus bringen.

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So und jetzt gehe ich ein leckeres Kamelsteak essen, genau! mit Granatapfelsoße und trinke dazu einen Dattelmilch-Shake. Lang lebe das Restaurant Silk Road, ein absolut wunderbarer Platz zum sich Erholen und andere Reisende zu treffen und natürlich auch um göttlich zu essen.

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Am nächsten Tag sehen wir uns noch den Feuertempel der Zorastriker an, einer alten fast vergessenen Religion, die noch ein paar Anhänger im Iran hat (Vielleicht noch bekannt vom Grossen Weisen Sarastro/Zarathustra in Mozarts Zauberflöte?). Das Gebäude ist von außen schlicht schön, der Garten rundherum eher klein und im Innern kann man eine ewige Flamme hinter einer Glasscheibe bewundern, mehr gibt's nicht zu sehen.

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Um uns ein bisschen mehr Action zu verschaffen, an der es uns seit Tagen mangelt, besteigen wir die 3 Arkaden der Vier-Imame-Moschee auf einer eher halsbrecherisch steilen Treppe…

Zwar zittern die Knie aber die Aussicht ist 1A.

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Den Rest des Tages verbummeln wir und erhaschen hier und da mal Einblicke in das ganz normale Leben der Leute von Yazd.

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In Yazd verlassen uns unsere beiden Mitreisenden Anika und Clara, nachdem sie ja ohne Pakistan-Visum bald nicht mehr weiter können. Sie fahren mit dem Bus zurück nach Teheran und werden dann nach Delhi fliegen. Den Rest der Reise werden sie auf eigene Faust unternehmen.

Trotzdem reisen wir auch wieder nicht alleine, denn aufgrund der angeblich etwas brenzligen Lage in Pakistan rotten sich immer mehr Überlandfahrer zusammen, um diese Strecke im Konvoi zurückzulegen. Nachdem wir uns schon mit dem Deutschen Lehrer-Ehepaar Verena und Tom zusammengetan haben, sind wir heute in Yazd auf eine französische Familie mit 3 kleinen Kindern gestoßen, die ihrerseits wieder auf 2 Engländer warten. Sicherlich werden wir mit unseren vier Gefährten eine interessante Zielscheibe abgeben...

Wir treffen uns alle am Abend bei den Türmen des Schweigens, ein Ort wo in früheren Zeiten die Anhänger der Zorastriker Religion ihre Toten in leckere Häppchen zerstückelten und den Aasgeiern auf den Dachterrassen von burgähnlichen behäbig aussehenden Türmen darboten. Heutzutage ist dieses Gebiet eine schöne Stelle, um mit Muffti einen Abendspaziergang zu machen und er freut sich immer tierisch, wenn er wieder einen Knochen findet….

Im Konvoi fahren wir an schier endlos scheinenden Pistazienfeldern vorbei bis Kerman. Beim Reinfahren fällt einem der reiche Blumenschmuck am Wegesrand ins Auge, kilometerlang umsäumen Oleanderbüsche die Autobahn und es gibt eine ebenso lange durchgehende Autobahnbeleuchtung.

Auffallend am Straßenbild sind auch die schönen Poster der gefallenen Männer im Krieg mit dem Irak, hier nennt man sie Märtyrer.

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Weil keiner von uns mehr die Worte "Moschee", "Grabmal", "Khomeini-Platz" oder "Bazar" hören kann, schlendern Verena, Tom und ich am Abend eher lust- und ziellos in die Stadt und werden, wie das meistens in solchen Fällen geschieht, angenehm überrascht. Natürlich landen wir doch im Bazar, da gibt es im Iran kein Entkommen, aber weil wir weit und breit die einzigen westliche Touristen sind, genießen wir ihn diesmal auf eine andere Art. Niemand will uns irgendein Souvenir andrehen und so kaufe ich dann endlich mein erstes: eine reich verzierte Metallschale, auf der ich später mal meinen Gästen Tee zu kredenzen gedenke. Und ein Säckchen duftender Kümmel natürlich, die Spezialität der Region offensichtlich, denn in jeder Ecke Türmen sich Berge unzähliger Variationen des Gewürzes.

Zur Krönung des Abends stoßen wir doch noch auf ein Gebäude, das wir bisher noch nie besichtigen konnten: ein Hamman, das moslemische Badehaus. Uns fallen die exotischen Malereien an den Stalaktiten des Eingangsportals auf. Dort sieht man Kamele, Affen, Kaninchen (dem Maler offenbar weniger vertraut, denn sie sind größer als die Kamele und schauen furchterregend drein, wie Raubtiere mit gefletschten Zähnen!), keulen-schwingende Ringkämpfer und - dieses Detail überzeugt uns, dass es sich einfach nicht um eine Moschee handeln kann - ein nacktes(!) Mädchen mit langem wallendem schwarzem Haar, das eher weniger als mehr ihren Körper bedeckt. Wie konnte dieses Deckenfresco nur den Mullahs entgehen! Sicher hat es Khomeini nie soweit bis in die Wüste geschafft und nun herrscht hier im tiefsten Bazarinneren die totale Anarchie!  ;-)

Das Badehaus ist zu einem Museum mit Wachsfiguren umfunktioniert. Eine noch bessere Idee zur Verwendung dieser schönen Gebäude hatte man aber wenige Meter weiter auf der gegenüberliegenden Bazarstrassenseite: der nächste ausgediente Hamman ist zu einem Teehaus umfunktioniert worden.

Glücklich lassen wir uns bei Tee und köstlichen Dattel-Keksen im angenehmen Türkis dieser Oase nieder genießen auf dicken Polstern zum ersten Mal iranische Live-Musik. Ein alter Sufi mit eindrucksvollem Schnurrbart setzt sich neben uns und singt ein paar Lieder mit melancholischer Stimme, während der Rest des Publikums aufmunternd in die Hände klatscht. So was hab ich mir immer mal gewünscht.

Am Morgen verabschieden wir uns vom Konvoi, irgendwie sind wir beide nicht richtig für Massenveranstaltungen zu haben… und eigentlich wollen wir auch keine Polizei-Eskorte, die anderen aber schon!

Gleich hinter Kerman erheben sich mächtige Berge zum Teil über 4000 m hoch und am Fuße eines solchen schneebedeckten Gipfels liegt unser nächstes Ziel: Rayan.

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Das war einmal die Sommerresidenz der Könige von Bahm, einem Ort weiter im Osten, der früher eine touristische Hauptattraktion im Iran war, aber 2003 leider von einem Erdbeben platt gemacht wurde.

Rayan ist jetzt ein kleines, lebendiges Städtchen und - entschuldigt die Wortwahl - einfach entzückend! Jede Strasse ist rechts und links mit Bäumen bepflanzt, deren Laub wie Gold in der Herbstsonne leuchtet.

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Ein moscheeartig gefliester Uhrenturm ist das Prachtstück der Ortsmitte und begrüßt die Durchfahrenden mit seiner reich verzierten blau-grünen Zwiebelkuppel. Kleine Geschäfte säumen die Strassen, Frauen mit wehendem schwarzen Tschador kaufen Milch ein bei Männern mit Zwirbelschnurrbärten, Teenager probieren zu dritt das neue Motorrad aus, Opas sitzen da und quatschen. An diesem Tag ist Rayan wie ein malerisches italienisches Bergdorf, nur im Iran halt.

Die eigentliche Sommerresidenz ist am Ortsende. Vor dem Erdbeben von Bam war sie anscheinend ziemlich zerfallen, aber jetzt gibt man sich sehr viel Mühe diese Stadt aus Lehm wieder originalgetreu aufzubauen. Ich bin die einzige Touristin weit und breit und somit hindert mich niemand dran, als ich mich postwendend zur neuen Königin von Rayan kröne und feierlich meinen Einzug halte. Vorbei am Bazar und durch die niedrigen Hütten der normalen Leute schreite ich durch die Viertel der Adligen, die sich alle artig verbeugen, auf meinen imposanten Königinnenpalast zu.

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Wie auf Befehl geht die Musik über die überall geschickt eingebauten Lautsprecher an, während ich meine neuen Gemächer inspiziere. Gott sei Dank: alle Wände sind perfekt restauriert und die vielen Lehmnischen hübsch mit weißer Farbe umrandet, ich werde heute niemanden köpfen lassen müssen!

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Nachdem ich von der Dachterrasse noch ein letztes Mal meinem jubelnden Volk huldvoll zuwinke und den Blick über mein Reich schweifen lasse, muss ich leider zurück zum Sklaventreiber im Bus, denn schließlich wollen wir ja irgendwann mal in Indien ankommen.

Wieder auf der Autobahn nach Bam treffen wir bald auf unseren Ex-Konvoi, der jetzt im Innenhof der Polizeistation auf seine Eskorte wartet. Natürlich will die Polizei, dass wir uns auch dazu gesellen, aber nachdem Marco in bestem Schweizerdeutsch mehrmals erklärt, dass für ihn eine Eskorte echt nicht in die Tüte kommt, gibt der Polizist genervt auf und winkt uns vorbei, bevor wir komplett die Strasse blockieren. Man soll die Eskorte nehmen, weil das Gebiet an der Pakistanischen Grenze von Stämmen bewohnt wird, die untereinander und mit der Regierung Fehden austragen und die anscheinend gerne mal einen Touristen kidnappen, um schneller ins Gespräch zu kommen…

Wir schaffen problemlos die 80 km bis Bam. Wie einem allerdings auf dieser heftig befahrenen Strecke Terroristen klauen sollen, ist uns ein Rätsel, denn dann müssten sie innerhalb von Sekunden eine Straßensperre aufbauen und sie auch eben so schnell wieder verschwinden lassen, denn sonst gäbe es schnell einen Megastau von mehreren Kilometern. Nachdem Bam ja leider zerstört ist vom Erdbeben und ich eh schon Königin von Rayen bin, schenken wir uns eine Stadtbesichtigung und machen einen kurzen Stopp um ein paar Kilo Datteln für Dattel-Shakes in Indien einzukaufen - eine Köstlichkeit, für die diese Stadt berühmt ist.

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Als wir erst etliche Kilometer später die etwa 20 gekauften Packungen in den Kühlschrank räumen wollen müssen wir leider feststellen, dass die Bamer auch für exzellentes Touristenreinlegen bekannt sein sollten, denn die Hälfte der Früchte ist ungenießbar und in etlichen der Schächtelchen wimmelt es sogar von putzigen weißen Maden. Wir sind zwar keine Vegetarier, aber das war doch zu viel des Guten!

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Unser Glück ohne Polizei-Eskorte reisen zu dürfen währt nicht ewig, denn gegen Abend und 480 km näher an Pakistan stoppt uns eine schwer bewaffnete Militär-Kontrolle. Sie können es einfach nicht begreifen, dass wir es ganz alleine bis hierher geschafft haben und gehen drei Mal um den Bus um zu sehen, ob sich nicht doch vielleicht irgendwo ein Kollege von einer Eskorte hinter oder unter unserem Gefährt versteckt hat. Schließlich werden wir bewacht von 4 Soldaten mit Maschinengewehren im Jeep zum nächst-gelegenen Polizeiposten gebracht.

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Alle Polizisten und auch die Soldaten an diesem Posten sind höchst begeistert von unserem Bus, machen es sich in unserem Wohnzimmer gemütlich und erklären uns wortreich, wie sicher wir nun seien unter ihrem Schutz und dass sie uns mit ihrem Leben verteidigen werden.... bis, na ja, bis einer von ihnen Muffti, der friedlich schlafend unterm Tisch zu ihren Füssen liegt, entdeckt woraufhin unsere Helden der Nation innerhalb weniger Sekunden mit einem einzigen olympiareifen Sprung zum Bus wieder raus sind. Ich bin voll begeistert ob solcher Tapferkeit! Muffti schlägt seine Feinde selbst im Schlaf in die Flucht!

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Seltsamerweise ist früh morgens kurz nach Sonnenaufgang, wenn irgendwie keiner Lust hat in der Kälte hinten im Eskortenjeep zu sitzen, die Strasse urplötzlich wieder sicher und wir dürfen alleine weiter nach Pakistan. Inzwischen sind wir im Stammesgebiet der Belutschen und die Gegend wird Richtung Grenze nach Zahedan immer mysteriöser. Schwarze zackige Hügel und Berge erheben sich aus der Wüste, wie die Rücken riesiger Urgestein-Dinosaurier und glitzern mit ihrer taunassen Haut in der Morgensonne. Nebelschwaden von einer Müllverbrennungshalde durchziehen ein ganzes Tal und wenn man sich die Nase zuhält um dem Gestank zu entgehen, scheint man eher auf dem Mond zu sein als auf der Erde.

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Am Freitag, den 2. November überqueren wir die Grenze zu Pakistan. 9300 km sind wir bis hierher gefahren. Ich habe meine Meinung über den Iran gründlich revidieren müssen und wieder Mal festellen müssen, dass auch wir im Westen ideologisch erzogen werden. Das Bild, das mir durch die Medien in Europa geboten wird, passt einfach nicht zusammen mit der Realität, die ich wochenlang erfahren durfte.

Ich traf ein Volk von sehr kultivierten Menschen mit einem hohen Bildungsniveau, die ihre Kulturstätten pflegen, an Grabmälern von längst verstorbenen Dichtern Verse rezitieren, die sich Mühe geben Englisch oder gar Deutsch zu reden und die keine Gelegenheit verpassen, die Gäste ihres Landes zuvorkommend und höflich zu behandeln oder gar, wenn es irgendwie geht, zum Essen zu sich nach Hause einzuladen.

Pakistan

Nachdem die moderne Grenzstation des Iran hinter uns liegt, empfängt uns Pakistan mit Baracken und Gebäuden in desolatem Zustand. Weil Freitag ist, sind die meisten Beamten gerade beim Gebet in der Moschee und wir haben viel Zeit, den Charme dieses verlorenen Postens in der Wüste zu geniessen. Der Grenzübergang dauert für uns übrigens immer etwas länger, denn sowohl der Bus als auch das hintendrauf geladene Motorrad müssen in jedem Land ein- und ausgeführt werden, was mit viel Papierkram verbunden ist (Gott sei Dank hat sich jedoch für den Inhalt des Busses bisher noch niemand interessiert).

Und damit beginnt unsere Reise durch PAKISTAN.

Wie ihr euch schon denken könnt, ging auch die Etappe "Pakistan" unserer Reise nicht ohne Zähneklappern und Händeringen vonstatten... und hatte letztendlich die Verbannung von Ganesh aufs hinterste Regalbrett im Bus zur Folge, Strafe muss sein!!!

Ja, was hat der arme Elefantengott nun wieder angestellt, um so ein grausiges Schicksal zu verdienen, wird die geneigte Leserschaft sich erstaunt fragen?  Nun, das hat er seiner Schlampigkeit auf den pakistanischen Strassen zu verdanken, denn trotz treuer Räucherstäbchenopfer und Blumenkränzchen war unsere Lage schon am zweiten Tag ausgesprochen schief und schwarz. Schief wie der Bus, der nur noch auf drei Rädern stand, und schwarz wie die Uniformen der Polizisten, die uns mit Maschinengewehren und ernsten Gesichtern umgaben.

Ganesha's lasche Entschuldigung, dass schließlich auch die Gesamtlage Pakistans zu diesem Zeitpunkt schief und schwarz gewesen sei, denn immerhin hatte Präsident Musharraf zur Feier unserer Ankunft am 3. November den Ausnahmezustand verhängt (was heißt die Richter entlassen, den Medien den Maulkorb verhängt und die Wahlen bis auf weiteres gestrichen) kann und will ich nicht gelten lassen!  Außerdem schwöre ich euch hiermit hoch und heilig, dass Marco, Muffti und ich nichts mit dem Verhängen des Ausnahmezustand zu tun gehabt haben, Ehrenwort!

Nun aber zurück zum Bus, der kurz nach Jacobabad, just nachdem uns eine Polizeieskorte unter ihre Fittiche genommen hatte, ein sehr komisches metallisches Geräusch von sich gegeben hatte und dann sehr schnell in Schieflage geriet, was Marco höchst alarmiert zu einer Vollbremsung veranlasste.
Während ich noch glaubte, dass das Pfeiffgeräusch hinten von einem Platten rührte, war Marco schnell klar, dass wir diesmal nicht so einfach davon kommen würden. In 2 Sekunden, war er in seinem Blaumann und unter dem Bus und als er wieder hervorkam waren seine mit ernster Miene vorgetragenen Worte: "Es tut mir sehr leid, Yogini!"

Pakistan 2007

Im selbigen Moment war mir klar, dass es sehr sehr sehr ernst sein musste. OK, ich will euch nicht weiter auf die Folter spannen: Die linke Aufhängung der Luftfederung hatte beschlossen, nach 30 Jahren treuen Dienstes ausgerechnet in Pakistan und während des Ausnahmezustandes, ihren Geist aufzugeben. Sie hing wie eine Ente mit gebrochenem Flügel zu Boden, auf ihr ruhend die über 15 Tonnen Lebendgewicht des blauen Busses.

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Inständig  wünschte ich mich an den Strand in Griechenland zurück und hätte gerne und ohne zu klagen nochmals eine oder zwei Strassen im Sand gebaut... aber nein, wir standen am Straßenrand in Pakistan und um uns herum die besagte Polizeieskorte.

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"Wozu braucht ein ausländischer Reisender eigentlich Polizei-Eskorte in Pakistan?" ist sicherlich die Frage, die sich inzwischen in euren Gehirnwindungen gebildet hat. Das ist eine gute Frage und aus meiner Sicht würde ich sagen: Polizei-Eskorten sind eine ausgezeichnete Arbeitsbeschaffungsmassnahme in einem Land, in dem 60% des Staats-Haushaltes in die Verteidigung fließen und man das Gefühl nicht los wird, dass jeder zweite Mann entweder bei der Polizei oder beim Militär ist. Klar, ist ja auch viel einfacher mit einer Knarre rumzulaufen und die im ganzen Land versteckten Terroristen zu suchen, als richtige Arbeit zu verrichten, wie z. B. die durchlöcherten pakistanischen Strassen zu flicken, die so miserabel sind, dass die Reisegefährten der zu beschützenden Ausländer zusammenbrechen, aber da macht man sich ja die weichen Patschehändchen schmutzig und kriegt Schwielen, igitt!
Aus dem gleichen Grund gibt's die Eskorten auch nur dort, wo es sich nett leben lässt, wie nahe am fruchtbaren Indus, umgeben von hübschen Städtchen und saftigen Reisfeldern.

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Dagegen ist Belutschistan, das nun wirklich fast nur aus menschenleerer weiter Wüste besteht und wo Afghanistan auf der anderen Seite der Sanddüne beginnt, anscheinend beim Militär nicht so sehrbeliebt, denn wir durften 2 Tage lang ungehindert und mutterseelenallein das gesamte Stammesgebiet durchqueren.  

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Kein Mensch hätte uns je wieder gefunden, in der unendlichen Weite dieser größten und rebellischsten Region von Pakistan, die immerhin mehr als 40% der Staatsfläche einnimmt.

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Übrigens hatten wir nichts dagegen alleine gelassen zu werden und genossen es im wilden Westen gelandet zu sein. Belutschistan wird als eines der unwirtlichsten Gebiete der ganzen Erde beschrieben und in der Tat fühlt man sich manchmal wie auf dem Mars (obwohl ich nie dort war). Eine endlos scheinende, mal steinige, mal mit struppigem Gesträuch bewachsene Wüste. Dann wieder Sanddünen, bis auf die halbe Strasse geweht oder bizarre Felsenformationen.

Die wenigen Menschen leben meistens als Nomaden oder in weit verstreuten kleinen Dörfern, die aus Lehmziegeln erbaut sind und wie aus der Erde zu wachsen scheinen. In der Nacht übernachten wir an einer Moschee am Straßenrand mit kleinem Teich unter tausenden von Sternen.

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Plötzlich schrecke ich hoch aus meinem Schlaf und sehe Blaulicht vor dem Busfenster aufblitzen. Kurz darauf klopft es an die Tür: "Aufmachen, wir sind die Polizei von Pakistan! Sie können hier nicht stehen bleiben!" Mir bleibt fast das Herz stehen und schnell rüttele ich Marco entsetzt aus dem Tiefschlaf. Aber anstatt aufzustehen, macht er lediglich das Schlafzimmerfenster auf und ruft in bestem Schweizerdeutsch so etwas in der Art wie:

"Das ist mir scheissegal wer ihr seid, ich schlafe jetzt und ich mag es überhaupt nicht, wenn man mich dabei stört!"

Jetzt sind wir geliefert, denke ich und mache mich darauf gefasst, dass gleich der Bus gestürmt wird. Stattdessen sind die Polizisten anscheinend tief beeindruckt oder verstehen perfekt Schweizerdeutsch, denn das Blaulicht verschwindet und Ruhe kehrt ein.

Am nächsten Morgen schälen sich dann langsam etliche verfrorene Polizisten aus den uns umgebenden Büschen und reiben sich den Schlaf aus den Augen; wir wurden doch tatsächlich bewacht! Als Dank laden wir die Herren zum Tee in den Bus und dann gibt's noch ein Abschiedsfoto mit Muffti.

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Am zweiten Tag wird die Strasse ca. 10 km nach Dalbandin zu einem einzigen Desaster: sie wird einspurig und ist übersäht mit Schlaglöchern, mit Speedbraekern gespickt oder des Öfteren komplett oder teilweise von anscheinend heftigen Regenfällen weggespült (hier fehlt den Straßenbauern eindeutig der Kurs: Seitenbesfestigung!). Kurz: ein nicht enden wollender Albtraum.

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Praktisch als Entschädigung hat man bei Tempo 20 zumindest als Beifahrer viel Muße die abwechslungsreiche Landschaft zu bewundern. Wie riesige Drachen lauern die schwarzen Felsen dunkel und schwarz geduckt am Straßenrand...

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...dann wieder leuchten grüne Oasen mit überdimensionalen prähistorisch anmutenden Grasbüscheln und Palmen und sogar kleinen Seen.

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Die Dörfer werden langsam größer und auch schöner, es gibt Dattelhaine und Kamelherden, Schafe, Ziegen, Felder und überall lachende kleine Jungs am Straßenrand die den Bus bestaunen und uns zuwinken. Mädchen oder Frauen gibt es in Belutschistan anscheinend keine, ich vermute die Männer haben eine Methode entdeckt sich alleine fortzupflanzen…

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Ausnahmen bestätigen die Regel, einmal haben wir doch eine Schulklasse von Mädchen "erwischt" und die standen den Jungs im Winken in nichts nach…

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Als wir mittags Rast machen weil wir auf einer Wiese am Straßenrand andere Überlandfahrer entdecken, kommen auch nur Jungs vom nahe gelegenen Dorf zu Fuß und auf Fahrrädern, um die Attraktion "Weiße Touristen" aus respektvoller Entfernung anzustaunen. Irgendwann trabt auch mal eine Kamelherde vorbei, während wir bei Edamerkäse und Cappuccinos mit den anderen erfrischende Geschichten austauschten... idyllisch!

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Dann geht es wieder zurück ins harte Leben und auf die Holperstrasse der Nation. Neben der Landschaft besteht die größte Abwechslung auf dieser Strecke darin, wie zwei Fahrzeuge es auf der einspurigen Strasse schaffen aneinander vorbeizukommen. Marco hält es in diesem Fall mit dem guten alten Old Shatterhand, der für Greenhorns den guten Ratschlag parat hatte: "Erst schießen, wenn du das Weiße im Auge des Gegners siehst!" was in unserem Fall bedeutet: "Erst ausweichen, wenn du das Weiße im Auge des entgegenkommenden Fahrzeugführers siehst." Das führt bei der Größe unseres Gefährts kombiniert mit einer guten Dosis Schweizer Sturheit in über 90% der Fälle dazu, dass die herrlich bunt verzierten Laster klein beigeben und uns leichenblass und zähneklappernd mit Tempo 20 vorbeibrausen lassen.

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Manchmal geht es halt daneben…

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Nach mehr als 9 Stunden Fahrt auf der Folterstrasse wähnt man sich fast am Ende seines Leidens, denn am Straßenrand steht ein Schild das angibt, dass es nur noch 35 km bis Quetta, unserem Zielort, sind. Aber weit gefehlt: jetzt geht es erst richtig los! Es gilt einen hohen und steilen Pass zu überwinden und seit Jahren wird an der Strasse dazu gebaut, wozu man erst einmal die vorhandene Strasse aufgerissen hat. Nachdem ungefähr noch 12 Männer im Land nicht beim Militär sind, zieht sich die Sache natürlich in die Länge und so kriecht man über eine Art Geröllhalde, die einem mit kräftigem Durchschütteln die Muskeln noch einmal so richtig schön verspannt, durch eine dichte Staubwolke hinter noch langsameren Riesenlastern, die liegen gebliebene Riesenlaster in der Kurve bei Gegenverkehr umrunden müssen, im Schneckentempo nach oben.

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Damit man auch ja nicht zu schnell wird, hat irgendein intelligenter Mensch verordnet ca. alle 50 bis 100 Meter Speedbreaker aufzuschütten, die man mit 10 km/Std am besten überwindet. Der ganze Bus und wir inklusive sind schon bald von einer weißlichen Staubschicht überzogen und wir sehnen uns nach der Holperstrasse von vorher zurück, oder nach dem Iran. Oder auch der Strand in Griechenland war nicht schlecht…

In Quetta angekommen, war grade noch Zeit um zwei drei Teppiche zu kaufen, das Abendmahl einzunehmen und dann fielen wir todmüde in tiefen Schlaf.

So schrecklich wie die Anfahrt nach Quetta ist so schön ist das wunderbare Tal danach.

Wir hatten das Glück im frühen Morgen den Auszug einer Karawane durchs Flussbett beobachten zu können und fühlten uns in eine andere Zeit versetzt.

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In diesem romantischen Tal liegt eine der ältesten Siedlungen der Menschheit, gut gewählt!

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OK, ich weiß ich schweife ab vom Bus am Strassenrand, aber dieses Detail unserer Reisestrecke ist direkt mitschuldig and dem, was viele Kilometer später im Industal passierte. Wir stehen also am Reisfeld am Straßenrand, umgeben von 5 Polizisten. Inzwischen herrscht im Bus eine Temperatur wie in einem Brotbackofen, aber sobald ich einen Schritt vor die Tür setzten will, kommandiert mich der Oberboss wieder rein, denn ausgerechnet da wo wir jetzt stehen, ist es schrecklich gefährlich!
Ungläubig weise ich auf den mit Lendenschurz bekleideten Mann, der mit einem prähistorisch anmutenden Fischernetz zum Teich im Reisfeld watet... Schließlich reicht es mir und ich nehme "Mit-Muffti-Gassi-gehen" als Vorwand, um in die Kühle der Reisfelder zu entkommen, worauf ein Soldat mit Maschinengewehr - immer schön 3 Schritte hinter mir hertrabend - auch mal in den Genuss einer kleinen Wanderung in seinem Land kommt.

Auch die Strasse um uns herum gibt interessantes Fotomaterial ab!

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Es war zu diesem Zeitpunkt, dass ich mal ein ernstes Wörtchen mit Ganesh reden musste und ihn aufs hintere Regalbrett verbannte. Gut, die Strassen waren in Belutschistan miserabel gewesen und das Stück vor Quetta unter aller Kanone, aber gleich ein Aufhängungsbruch mit Rundumbewachung fand ich nun echt übertrieben!

Währenddessen konnte die Polizei zur Abwechslung doch mal was Sinnvolles leisten und beorderte einen Automechaniker zum Bus, wo Marco inzwischen schon mal die Aufhängung ausgebaut hatte.

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Also gut ich will euch nicht zu lange auf die Folter zu spannen. Nachdem die Aufhängung am ersten Tag unter dem Druck der nervigen Polizei zu schnell zusammengeschweißt worden war und demzufolge natürlich nicht passte, knipste Marco, als er die Nase voll hatte von dem Gebastel den Mechanikern am Bus einfach das Licht aus und sie mussten – was wir nicht wussten – beim Bus schlafen und ebenfalls auf uns aufpassen.

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Am nächsten Morgen kam ein neuer Chefmechaniker, der kopfschüttelnd das falsch verschweisste Teil wieder ausbaute und es zu unserer großen Verwunderung mit Kuhdung umwickelte.

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Ja mit Kuhdung! Nachdem ich erst schon dachte es sei ein ayurvedischer Mechaniker, der mittels Verband Metall heilen kann, zündete er dann das Kuhdungteil sogar an und nach einem Stündchen wärmender Glut klopfte er die Aufhängung mit einem schweren Hammer wieder auseinander, um ihr die richtige Form zu geben.

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Natürlich brach dadurch die Schweißnaht wieder auf, aber immerhin stimmte jetzt der Winkel der Aufhängung einigermassen. Kurzerhand hielt die Polente den nächsten besten öffentlichen Bus an und die Mechaniker fuhren mit der Aufhängung im Arm von dannen, um sie dann frisch verschweißt, nachmittags wieder zu bringen.

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Wie sagt man doch so schön: doppelt gemoppelt hält besser. Auch wir hoffen, dass doppelt geschweißt besser ist als einfach, als wir in der Abenddämmerung wieder mit bangen Herzen in den Bus einstiegen und losfahren.

Toi, toi, toi, alles hält, auch wenn die Aufhängung nicht 100%ig im Lot ist. Jetzt wollen die Bullen, die schon eine kalte Nacht in 3 Autos verteilt um den Bus hatten zubringen müssen, uns Störenfriede aber auch ganz sicher loswerden. Folglich wartet ca. alle 10 bis 20 Kilometer ein frischer Polizeiwagen mit Maschinengewehren bewehrten Polizisten auf uns und wir werden wie ein Stab beim Staffellauf weitergereicht, bis wir 4 Stunden später die Grenze zwischen Sind und Punjab erreichen. Dort, so gedenken wir, wollen wir ca. 20 km weiter an einer Autobahntankstelle für die Nacht anhalten.

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Doch weit gefehlt, denn auch dieser Tag war noch lange nicht zu Ende! Obwohl uns die Polizei von Sind versichert hatte, dass nur ihre Region unsicher und der Rest von Pakistan "no Problem" sei, waren dann die Grenzpolizisten von Punjab etwas anderer Ansicht. Deshalb hatten sie auch vorsorglich eine Straßensperre aufgebaut und ließen uns gleich gar nicht erst durch, sondern begrüßten uns mit den Worten: "Tut uns leid, aber ihre Route wurde geändert!"

Zu diesem Zeitpunkt war Marco schon etwas übermüdet, furchtbar dreckig, erhitzt und - um es gelinde auszudrücken - leicht gereizt. Außerdem mag er es gar nicht, wenn ihm jemand sagt, wo er lang fahren soll oder nicht. Und je größer die Zahl der Schwarzuniformierten vor dem Bus wurde, desto mehr stieg sein Adrenalinspiegel und seine Kampfeslust. So einfach wollte er den Punjab nun nicht aufgeben!
Nach über einstündiger Diskussion, Zettern, Drohungen, Bitten und kräftigen Flüchen in Schweizerdeutsch und Punjabi kam die Rettung in Form einer erneuten Polizeieskorte. Diesmal begleitete sie jedoch keine Touristen, sondern eine elegante weiße Limousine, aus der ein ebenso elegant gekleideter Herr in Weiß entstieg und höflichst um Einlass in unseren Bus ersuchte, was Marco ihm auch gnädigst gewährte. Wie sich herausstellte, war dieser nette Mensch der Gouverneur des Grenzdistriktes von Sind und Abgeordneter im Unterhaus. Gerade aus Islamabad zurückgekehrt, hatte er unsere Diskussionen im Polizeifunk verfolgt und beschloss uns auf elegante Art zu retten, indem er uns in sein bescheidenes Häuschen für unerwartete Gäste und zum Abendessen einlud.
Das Häuschen entpuppte sich als eine funkelnagelneue Villa mit gelben Leder-polstersesseln im Wohnzimmer und Flachbildschirmfernseher, Esssaal mit 12 Stühlen am Glastisch und 2 Schlafgemächern mit jeweils angrenzendem Badezimmer.

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Zu unserem Entzücken wurde uns auch ein persönlicher Butler zur Verfügung gestellt, der alle unsere Wünsche postwendend erfüllen werde. Nach wohlig warmer Dusche schmissen wir uns in unsere besten Kleider, dann holte uns die weiße Limousine (habe ich die Ledersitze und Klimaanlage schon erwähnt?) wieder ab und brachte uns zum Abendessen nicht etwa zum netten Herrn nach Hause (wo ich hoffte, vielleicht doch noch eine Frau zu treffen, was anscheinend in Pakistan wirklich nicht erlaubt ist!) sondern in das Regierungsgebäude des Distrikts. Dort erwarteten uns schon in trauter Runde der Bürgermeister, der Regierungschef, der Innen- und Finanzminister und die Chefs der Polizei und der Kripo. Natürlich waren sie nicht wegen uns da, sondern weil der Gouverneur die neuesten Neuigkeiten aus der Hauptstadt weitererzählen wollte, aber trotzdem genossen wir bei Wodka-Orange, Bier und reichlich Whiskey die dargebotenen Häppchen wie Lammkeule, Flussfisch und gegrillte Hähnchenschenkel. Außerdem gewannen wir einen interessanten Einblick in die pakistanische Lage und was die Leute davon halten.
Ehrlich gesagt wurde ich den ganzen Abend das Gefühl nicht los, dass hier grade der nächste Komplott geschmiedet wurde und so verabschiedeten wir uns gegen 1 Uhr nachts (kurz bevor das "richtige" Abendessen serviert wurde) um todmüde eine Nacht in einem richtigen Zimmer zu verbringen. Draußen bewachte Muffti den Bus, der im umzäunten Hof stand, und mindestens 5 Polizisten bewachten Muffti.

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Kaum erwachten wir am Morgen, klapperten nebenan schon die Teller und als wir aus unserem Gemach traten, war die Tafel schon reich gedeckt. Uns begrüßten 2 Brüder des
Gouverneurs, von denen einer ein Arzt war und exzellent English sprach.

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Bei Tisch gab er uns erneut eine Lektion über sein Land mit seinen mannigfaltigen Schwierigkeiten und brachte deutlich zum Ausdruck, wie unzufrieden die Bevölkerung mit dem Leben im Militärstaat sei, dass aber nach der Verhängung des Ausnahmezustands für die nächsten 4-5 Jahre sicher keine Veränderung zu erwarten sei. Schließlich wurden wir beschenkt mit handbestickten Decken und Richtung Grenze zum Punjab eskortiert.

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Nach einigen Wechseln der Eskorten und jeweiligem Warten auf die nächste hatte Marco nun endgültig genug. Die nächsten Polizisten, die uns eskortieren wollten, wurden furchtbar auf schwyzerdütsch angeschrien, worauf der Bulle ganz erstaunt fragte: "Do you not want eskort?" Nachdem Marco heftigst den Kopf schüttelte, hat der Polizist sich nett von uns verabschiedet, ist wieder in seinen Jeep gestiegen und freundlich winkend weggefahren. Da waren wir dann aber doch ganz schön erstaunt. Das war tatsächlich unsere letzte Eskorte bis zur Indisch-Pakistanischen Grenze (fast fehlten sie uns…)

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Die Grenze zu Indien wird im Moment richtig fett ausgebaut, ein riesiges Zollhaus mit den modernsten Röntgengeräten steht schon und auch die Strasse zur Grenze wird mehrspurig gebaut. Die Zöllner nehmen ihre Aufgabe auch recht ernst, sie haben uns tatsächlich gefragt ob wir etwas zu deklarieren haben, und das bei der Ausreise aus Pakistan. Der Bus wurde "richtig" kontrolliert, aber nur so lange bis sie festgestellt hatten, dass alle Stauräume dreckig und staubig sind. Die Aufforderung alles auszuräumen beantwortete Marco mit der Bemerkung, er wolle ja nichts kontrollieren und wenn sie wirklich alles kontrollieren wollen, dann sollen sie doch auch alles selber ausräumen, worauf die Zöllner mit ihren frisch gewaschenen Uniformen dann doch keine Lust hatten. Jetzt erklärten sie dann doch noch, was das alles sollte: Früher seien ja noch viele Busse über diese Grenze gefahren und die hätten halt immer nette "Geschenke" dagelassen. Wir haben den Wink mit dem Zaunpfahl halt leider nicht verstanden. Dann wurde damit gedroht, uns mehrere Tage hier zu behalten zwecks genauerer Untersuchung des Busses, nachdem wir ihnen aber glaubhaft gemacht haben dass uns das überhaupt nicht stört, denn wir seien ja im Urlaub und hätten viiiiiel Zeit, haben sie uns dann gehen lassen.

Unvollrichtether Dinge liess man uns ziehen und weil die Indischen Zöllner total überlastet waren mit Pilgergruppen, die zu Diwali einreisen wollten, wurden wir kaum beachtet und schafften es auch noch, uns die Zeremonie zur allabendlichen Schliessung der Grenze anzugucken. Es ist eines der irrwitzigsten Spektakel, die ich jemals gesehen habe, wie ein lebendiges Comic-Heftchen! Jede Seite lässt die schönsten und grössten Soldaten aufmarschieren, die gekleidet sind wie bunte Gockel und auch genauso mit den Köpfen wackeln und einen am allgemeinen Zustand der männlichen Bevölkerung dieses Planeten zweifeln lassen… Alsdann werden die Landesfahnen eingeholt und die Tore an der Grenze geschlossen. Das alles mit Musik, Einheizern und auf der indischen Seite mit Tänzen à la Bolliwood auf der Strasse, während bei den Pakistanis die Tribünen für Männer und Frauen getrennt sind.

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Letztendlich hat euer inniges Beten, Räucherstäbchenanzünden, Heiligen dicke Kerzen versprechen und Engelbeknien gewirkt und wir sind am 7. November erschöpft und verstaubt, aber glücklich den Boden küssend, in Indien angelangt. So kommen wir heute am 9. November in den freudigen Genuss, mit viel Feuerwerk verballern, Öllämpchen aufstellen und Süßigkeiten futtern das hinduistische Weihnachtsfest, Diwali, in Amritsar zu feiern!

Ganesh ist immer noch auf dem hinteren Regal, nur eine Baumwollblüte hat Marco ihm noch zustecken dürfen, weil die Buergermeisterlösung nicht schlecht war. So, jetzt werde ich mich hübsch anziehen, zum goldenen Tempel in Amritsar pilgern und mich bedanken, dass ich wieder in Indien bin. Es ist wunderbar laut, bunt, unorganisiert und voll hier - ich liebe dieses Land!

Finale in Indien

Es ist 5:30 Morgens und in wenigen Minuten wird der Wecker klingeln, damit Marco aufstehen kann, um uns entlang der Küste von Maharastra heute bis nach Goa zu fahren, heim in ein richtiges Haus mit einem richtigen Schlafzimmer und einem Badezimmer mit heißer Dusche und einem Wohnzimmer mit Fernseher. Wir alle können es kaum erwarten, auch wenn Muffti vielleicht andere Gründe haben wird als ich. Der arme Hund hat von der ewigen Fahrerei jetzt auch deutlich die Nase voll und liegt meistens demonstrativ mit geschlossenen Augen hinten auf unserem Bett und träumt wahrscheinlich vom Meer und davon, wie er Balli suchen kann im warmen Meerwasser an seinem Lieblingsstrand.

Es ist Samstag, der 17. November, d. h. wir sind dann fast genau 2 Monate unterwegs gewesen und es reicht jetzt einfach.

Doch zurück nach Amritsar, wo wir uns in Misses Bandaris Guesthouse mit Swimming Pool mit anderen Überlandfahrern trafen und erst mal kräftig Diwali feierten! Es war wie im Paradies: grün, ruhig und man musste nicht fahren.

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Außerdem waren an diesem höchsten Feiertag der Hindus im Goldenen Tempel der Sikhs und es war als wären wir im Film…

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Seltsamerweise sind die vergangenen 10 Tage in Indien der anstrengendste Teil unserer Fahrt gewesen. In dem Land, wegen dem wir uns doch auf diese lange Reise begeben haben. Aber diesbezüglich muss ich mir doch wieder vor Augen halten, dass wir nicht wirklich in Indien weilen, sondern in Goa - diesem kleinen Juwel am Meer, wo die Luft noch sauber ist, die Kühe nicht grad so heilig und die Menschen nicht so viele und wo ich nur kleine überschaubare Strecken mit dem Auto fahren muss.

Damit habe ich schon alles erwähnt, was Indien manchmal so unausstehlich macht.

In Amritsar und in Delhi und eigentlich auch auf der gesamten Strecke dazwischen hing eine dichte Glocke aus Smog. Die Luft ist sowieso schon verdreckt in diesen Ballungsgebieten, aber weil die Inder soeben an Diwali mit Begeisterung praktisch 12 Stunden lang Non-Stopp die ganze Nacht Feuerwerkskörper in die eh schon verdreckte Luft ballerten, hat man nun tagelang danach eine graue Suppe über sich hängen.

Ihr müsst euch vorstellen, dass es nicht mal richtig warm wird mittags, weil die Sonne nur schwach am Himmel zu sehen ist und wegen des Winters geht sie auch schon früh unter, blass wie eine kranke alte Frau.

Und so was in Indien! Wen wundert's, dass ich schon am zweiten Tag eine belegte Stimme hatte und kurz drauf meine Lungen mit einem zähen Husten protestierten, der mich seither nicht mehr verlassen hat. Hilfe, ich brauche Meerluft und frische Ione!

Und dann diese Menschenmassen überall. Nachdem wir die meiste Zeit durch viel leere Landschaft gefahren sind und uns nur in den Megastädten Athen, Istanbul und Teheran mit vielen Menschen das Territorium teilen mussten, ist Indien wie es scheint bis zum Rand voll. Ich muss sagen, dass Marco meine 100%ige Hochachtung hat, wie er den Bus durch die zum Teil engen, mit Baustellen bestückten und wegen den Festtagen noch mehr als sonst vollen Strassen von Delhi manövriert.

In Dehli legten wir dann auch noch einen Shoppingstop ein um für mein Geschäft in Goa einzukaufen. Neben verschiedenen Statuen kauften wir auch Parfum, Räucherstäbchen, Duftkerzen und auch sonst allerlei Kleinkram. Hier lies sich Marco auch den Iran/Pakistan-Bart rasieren, danach sah er mindestens 20 Jahre jünger aus.

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Ist der Verkehr in die Städte eine reine Tortur, wird er auch nicht viel besser nach dem Rausfahren. Die so genannten Autobahnen sind nur mitunter gut ausgebaut, aber dann kommen lange Stücke, an denen sich ein Schlagloch ans andere zu reihen scheint und natürlich ist es ebenso mit den unzähligen Lastern, die Stossstange an Stosstange wie ein riesiger nicht enden wollender Wurm durch die Lande kriechen. Damit das Überholen auch auf jeden Fall spannend bleibt, hat die Autobahnaufsicht jede Menge Baustellen eingebaut (wo dann mit Gegenverkehr zu rechnen ist) oder hat aus weiter nicht ersichtlichen Gründen die holprigen Strassen mit aufgeschütteten Querrillen bestückt, so genannten Speedbreakern. Wahrscheinlich deshalb, weil beim Teeren noch etwas Asphalt übrig war und man so ganz sicher sein kann, dass auf dieser Autobahn die Höchst-geschwindigkeit 30 km/h eingehalten wird, was sich dann wiederum günstig auf den Bremsweg auswirkt, wenn man eine heilige Kuh umfahren muss, die beschlossen hat, auf der Fahrbahn ihre Mittagsrast zu machen, ihr Kalb zu säugen oder die Oleanderbüsche auf dem Mittelstreifen als Dessert zu verzehren. Es gibt aber nicht nur Kühe, sondern auch Hunde, Pferde und Esel. Und vor allem in Rajasthan gibt es noch die interessante Variante, dass einem von Kamelen gezogene Karren auf dem eigenen Seitenstreifen entgegenkommen können.

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Außerdem darf man in Indien grundsätzlich sowohl rechts als auch links herum überholen und im Zweifelsfall hat das größte Auto Vorfahrt. Nette Hindernisse geben auch die bunt verzierten Laster ab, die mal ohne Räder, mal massiv zerknautscht oder auf dem Dach liegend den Straßenrand schmücken.

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Es kann aber auch sein, dass sie den Fahrstreifen blockieren, weil der Fahrer eben mal Pinkeln muss - oh, und habe ich übrigens schon erwähnt, dass die Autobahn grundsätzlich immer durch die Ortsmitte kleiner dicht bevölkerter Ortschaften führt, die voll sind von überfüllten Bussen, Auto-Rikschas, Motorrädern mit Kleinfamilien drauf und schwerhörigen Opas auf Ochsenkarren? Ja, Autobahn fahren in Indien ist schon ein echtes Abenteuer!

So brauchten wir für eine Strecke von 163 km gestern mehr als 4 Stunden und Marco jede Menge starke Nerven sowie eine Extradosis Apfelsaft.

Dieses Stück Strasse zwischen Vadodara und Surat gewinnt dann auch gemeinsam mit der Strecke zwischen der zweiten Hälfte von Belutschistan bis Quetta in Pakistan den alljährlich sehr begehrten Preis für die schlechteste Strasse auf dem Weg nach Indien: Das goldene Schlagloch (Leider ist uns der Pokal bei einem besonders gemeinen Schlagloch kurz vor Surrat vom Schrank gefallen und in tausend Stücke zerbrochen. Na ja, nächstes Jahr haben sie ja wieder eine Chance.

Aber nicht alle Strassen sind grässlich und es soll auf der positiven Seite an dieser Stelle vermerkt werden, dass der Preis für die schönste Autobahn der gesamten Strecke an den Staat Rajestan in Indien geht. Für die herrliche Straßenführung und die sanften Kurven zwischen malerischen Bergen, durchgehender Bepflanzung mit blühenden Oleander oder Bouganville-Sträuchern und vorbildlichem Straßenbelag geht der Preis "Goldener Mittelstreifen" an die Strecke hinter Udaipur Richtung Süden (leider stand auch dieser Pokal auf dem erwähnten Schrank und konnte so die Übergabe nicht erleben).

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Überhaupt ist Rajastan ein sehr angenehmer Staat, der schön anzuschauen war beim Durchfahren. Es gibt dort viel weniger Menschen als in anderen Teilen Indiens und die Rajestaner wirken stolz und würdevoll. Die Männer tragen die dicksten bunten Turbane und stolz gezwirbelte Schnurrbärte, während die Frauen in ihren farbenfrohen Saris wie leuchtende Blumen die karge Landschaft beleben.

Weil Rajastan eher wüstig is, sieht man viele Kamele, eines meiner Lieblingstiere, denen ich stundenlang beim Dahinschreiten zuschauen könnte.

Eigentlich fährt Marco auf einer normalen Tour die Orte Agra, Fathepur Sikri, Puschkar, Jaipur und Udaipur an, aber nachdem ich als einzig verbleibende Touristin im Bus eher Sightseeing müde bin und lieber bald mein Restaurant in Goa eröffnen möchte, wurde das Programm kurzerhand auf Udaipur zusammengestrichen.

Marco war auch sofort einverstanden mit diesem Plan, ich glaube er freut sich langsam drauf, den Bus am Meer abzustellen und den Zündschlüssel für eine Weile nicht wieder umzudrehen.

Udaipur ist eine weiße indische Stadt, romantisch an einem See gelegen mit den herrlichsten Fürstenpalästen und sieht so aus, wie man sich als Kind "Tausend und eine Nacht"-Städte vorstellt. Durch malerisch verwinkelte Gässchen mit noch verwinkelteren Häusern gelangt man zum Stadtpalast, den wir mit einem Führer anschauten. Das Gehalt für den Führer beträgt lediglich 3 Euros und dafür erhält man eine Menge Informationen über den Palast, die Stadt, den Stolz der Rajputen und das Leben der Herrscherfamilie, deren übrig gebliebene Familienmitglieder noch immer einen nicht zugänglichen Teil des Palastes bewohnen.

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Seit 1600 nochwas hat jede Generation der Maharanta-Dynastie dem Palast ihre eigene Version von Luxus zugefügt und man kommt aus dem Staunen nicht heraus, während man mal treppauf, mal treppab durch verschachtelte Gänge die unterschiedlichsten Gemächer bewandelt. Allerdings muss man sich dieses Vergnügen mit hunderten anderer Touristen teilen, denn auch bei den Indern ist Udaipur sehr beliebt.

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Inzwischen fahren wir seit Stunden über kurvige Strassen durch dichte, grüne tropische Wälder Richtung Goa. Es wird immer wärmer und man sieht an dem satten Grün und den Reisfeldern rechts und links, dass der Monsoon dieses Jahr heftig war und erst seit kurzem vorbei ist. Nun sind es schon weniger als 200 km bis zum Strand von Vagator, das bedeutet, dass nur noch 1.4% der Reise übrig sind! Das ist ein Spiel, dass Marco und ich spielen, wenn es uns langweilig wird und die Strecke ewig weit erscheint: die Reise in Prozenten berechnen.

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Seit Tagen sind wir bei Null Komma Null Prozent, der Bus steht auf seinem gewohnten Platz in Goa und jeden Tag erleichtere ich ihn um etliche Kilos Gewicht, die ich mit meinem Ural-Fiat zu meinem 5 km entfernten Haus transportiere.

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Noch immer schlafe ich nachts im Bus. Nur Duschen und aufs Klo gehen tu ich bei mir zu Hause. So verlängere ich noch ein bisschen das Feriengefühl.

Es war ein tolles Erlebnis und ich werde sicher gerne noch mal mitfahren.


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